Vom Wald zum Wohnraum: Die neue Ära des Holzbaus

Shownotes

Deutschland verfügt über die größten nutzbaren Holzvorräte Europas, und der nachhaltige Holzanbau ist hier bereits seit 250 Jahren fest verankert. Dennoch ist das Bauen mit Holz im Vergleich zu anderen Ländern noch unterrepräsentiert, obwohl es viele Vorteile wie Nachhaltigkeit, kürzere Bauzeiten und eine hohe Rückbaufähigkeit bietet.

Diese Vorteile hat auch das Startup TRIQBRIQ erkannt und ein innovatives System aus mikro-modularen Holzbausteinen (BRIQS) entwickelt, die aus Industrie- und Kalamitätsholz gefertigt werden. Diese Bausteine lassen sich schnell und ohne künstliche Verbindungsmittel zu stabilen Wänden zusammenfügen und dadurch ohne Probleme wieder rückbauen. Wie genau das funktioniert, lässt sich unser Moderator Wulf Bickenbach in einer Showcase-Wohnung in Berlin zeigen. Dort trifft er Lewin Fricke, den Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei TRIQBRIQ, und begutachtet die Wände, die aus den wiederverwendbaren BRIQS gebaut wurden.

Doch nicht nur Startups treiben die Bauwende voran. Auch politische Akteure wie Kassem Taher Saleh, Bundestagsmitglied für die die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Obmann im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, setzen sich dafür ein, die Rahmenbedingungen für nachhaltiges Bauen zu gestalten. Ein Beispiel dafür ist die Holzbauinitiative, die eine Strategie der Bundesregierung zur Stärkung des Holzbaus ist.

Wulf stellt Kassem und Lewin die Frage, welche Initiativen es gibt, um Holz als einen der zentralen Baustoffe der Zukunft zu etablieren, und welche politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen dabei noch zu bewältigen sind.

Hier findet ihr Infos zu uns und dem Z LAB.

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00:00:00: Wulf: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge Baustelle Zukunft, dem Podcast rund um die Themen Innovation und Digitalisierung in der Baubranche. Aus dem Zeppelin LAB in Berlin. Mein Name ist Wulf Bickenbach. Ich bin Geschäftsführer des Z LABs.

00:00:24: Sandra: Hallo, auch von mir. Ich bin Sandra May, Open Innovation im Z LAB.

00:00:28: Wulf: Sandra, Deutschland besitzt die größten nutzbaren Holzvorräte Europas. Nichtsdestotrotz sind wir im Baubereich schon immer noch sehr fokussiert auf mineralische Baustoffe. Und der Holzbau in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern ist leider unterrepräsentiert.

00:00:45: Sandra: Das stimmt. Aber trotzdem habe ich in den letzten Jahren immer wieder interessante Bauprojekte in Holzbauweise gesehen, zum Beispiel viele verschiedene Hochhäuser, die immer mehr entstehen.

00:00:54: Wulf: Ja, tatsächlich. Seit ein paar Jahren liegt ein Fokus auf dem Holzbau, aufgrund der Tatsache, dass wir ja klimaverträglicher bauen müssen und uns da verändern müssen. Denn tatsächlich ist die Bauwirtschaft ein großer Klima-Emittent, ein CO2-Emittent. 40 % der gesamten Treibhausgasemissionen in Deutschland entstehen derzeit im Gebäudesektor, also durch den Bau und die Nutzung. Und dann 10 % aus diesen 40 % sind tatsächlich direkt Baustoffen zuzuordnen.

00:01:23: Wulf: Da ist Holz dann super spannend, weil das eine absolute Sonderrolle einnimmt. Denn Holz ist kein CO2-Emittent, sondern ein CO2-Speicher. Denn der Baum lagert ja CO2 ein, wenn er wächst.

00:01:34: Sandra: Wie kann man sich das denn ganz genau vorstellen? Weißt du denn, wie viel CO2 in Holz gespeichert wird? Also was ist der tatsächliche Impact der Holzbauweise?

00:01:41: Wulf: Ja, da gibt es einen schönen Vergleich: Stellen wir uns mal ein Quadratmeter Außenwand eines Gebäudes vor. Wenn ich das in Massivholzbauweise errichte, dann bindet dieses Holz ziemlich genau die gleiche Menge CO2, die ich wiederum emittiert hätte, wenn ich diesen Quadratmeter Außenwand aus Beton gebaut hätte.

00:01:58: Sandra: Das ist sehr beeindruckend.

00:02:00: Wulf: Ja, und Holz bietet noch andere Vorteile. Es hat nämlich noch weitergehend eine gute Ökobilanz durch die überdurchschnittlichen Wärmedämmungseigenschaften. Das heißt, ich muss weniger Energie zum Heizen oder zum Kühlen aufwenden. Dann hat man natürlich regionale Wertschöpfungsketten, also kurze Transportwege, die ja auch CO2 emittieren. Man hat eine supergute Recyclingfähigkeit, und das ist speziell spannend - wir haben uns ja in einer der vorhergehenden Folgen auch schon darüber unterhalten - wenn es ums zirkuläre Bauen geht, weil es geht da ja ums hochwertige Recycling.

00:02:27: Wulf: Also nicht, dass ich dann das Holz anschließend schreddere und zu einer Spanplatte verarbeite oder Ähnlichem, sondern tatsächlich die Holzbauelemente wiederverwenden kann. Und dann ganz generell für den Bauprozess ist es noch spannend, weil Holz tatsächlich diesen verkürzt, indem Trocknungszeiten wegfallen, die bei anderen Materialien da gewesen wären. Und deswegen ist das auch echt eine gute Option fürs serielle Bauen.

00:02:46: Sandra: Das klingt erst mal alles sehr, sehr vielversprechend. Dennoch gibt es auch Holzbauherausforderungen. So kommt auf die Forstwirtschaft zum Beispiel die große Aufgabe hinzu, den deutschen Wald in den nächsten Jahren umzubauen, damit er widerstandsfähiger wird gegen den Klimawandel.

00:03:00: Wulf: Und das sind dann wahrscheinlich auch tatsächlich alles Gründe, warum die Holzwirtschaft und der Holzbau so eine große Rolle in der Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung spielen. Und gleichzeitig sehen viele Startups Potenziale in dem Bereich und entwickeln innovative Holzbauprodukte.

00:03:14: Sandra: Und daher kommt auch die Leitfrage für die heutige Folge, nämlich: Welche Initiativen gibt es, um Holz als einen der zentralen und nachhaltigen Baustoffe der Zukunft zu etablieren?

00:03:25: Wulf: Und zu dieser Frage bin ich auf eine Holzbaustelle gefahren und habe mich dort mit meinen beiden Gästen unterhalten. Zum einen Kassem Taher Saleh, der seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist und deren Obmann im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. Und dann kam dazu vom Holzbau-Startup TRIQBRIQ Lewin Fricke. Er ist Leiter Öffentlichkeitsarbeit und er gibt uns einen Einblick in ihr innovatives Holzbaumodell.

00:03:50: Sandra: Das klingt außerordentlich spannend. Lass uns starten.

00:04:02: Wulf: Ich bin heute in Kaulsdorf Nord und stehe hier zwischen zwei großen Baufeldern, wo die berlinovo, eine große Wohnungsbaugesellschaft in Berlin, zwei Senior-Living-Apartmenthäuser baut. Und ich bin hier mit Lewin Fricke. Hi, grüß dich, Lewin.

00:04:18: Lewin Fricke: Ja Hi, vielen Dank für die Einladung.

00:04:20: Wulf: Du bist bei TRIQBRIQ und wir stehen hier zwischen diesen beiden Baufeldern vor einem ziemlich schick aussehenden Bungalow, der in so einem schicken Mintgrün gestrichen ist und ganz neu ausschaut. Und der Bungalow hat was mit TRIQBRIQ zu tun, nämlich ganz essenziell: Er ist mit TRIQBRIQ gebaut. Erklär uns doch mal, wie kam es dazu? Wofür stehen wir hier? Was ist das?

00:04:41: Lewin Fricke: Genau, wie du schon richtig gesagt hast, haben wir eben hier diese beiden Senior-Living-Projekte. Und der Anspruch von der berlinovo war von Anfang an, den Seniors, die später eben in den großen Projekten einziehen, vorab schon zu zeigen, wo sie denn einziehen. Also einfach mal die Wohnungen mit dem Grundriss, wie sie dann später in dem großen Projekt auch zu finden sein wird, nachbauen.

00:04:59: Lewin Fricke: Da ist immer das gleiche Fertigbad drinnen verbaut. Immer dieselben Küchenarmaturen. Das Fenster ist immer an derselben Stelle. Und diese Showcase Wohnung, die eben für die Seniors entstanden ist, die haben wir gemeinsam so zirkulär wie möglich gebaut. Da kam zum Beispiel bei den tragenden Außenwänden unser TRIQBRIQ-System zum Einsatz. Aber zum Beispiel auch zirkuläre Produkte wie Schaumglas.

00:05:21: Wulf: Du hast mir erzählt, es ist wirklich durchweg rückbaubar, weil eben so eine-Showcase Wohnung nur für eine gewisse Zeit benötigt wird. Und das Kernelement sind eure TRIQBRIQs. Was ist ein TRIQBRIQ?

00:05:31: Lewin Fricke: Ein TRIQBRIQ ist ein Holzbaustein, gefertigt von Robotern. Vollautomatisiert, standardisiert, bedeutet, immer im gleichen Format. Der hat oben zwei Noppen, unten zwei entsprechende Sacklöcher und dann kann man diese Holzbausteine im Verbund zusammenstecken und damit tragende Außenwände mauern. Das Tolle ist, aufgrund seiner Kleinteiligkeit wird es uns möglich, Holz herzunehmen in einer niedrigeren Qualität. Das bedeutet, wir haben alle Vorteile einer Massivholzwand, sind aber sehr, sehr ressourceneffizient.

00:05:59: Wulf: Das heißt ihr steht nicht in Ressourcenkonkurrenz zu hochwertigem Möbelholz oder Ähnlichem. Sondern was für eine Art von Holz nutzt ihr dann genau?

00:06:07: Lewin Fricke: Ja, ich versuch ganz grundlegend eher immer in Synergien zu denken und nicht in Konkurrenz. Aber prinzipiell hast du Recht. Wir nehmen Holz her, das sonst zum Beispiel zu Paletten verarbeitet wird, zu Einwegverpackungen und dann eben sehr, sehr schnell in der thermischen Verwertung, der Verbrennung, landet. Dieses Holz retten wir eben vor dem Verbrennen. Das CO2 bleibt also im Holz gebunden und wir schaffen ein Baumaterial, mit dem man wunderbare Gebäude herstellen kann.

00:06:31: Wulf: Gibt es genug von dem Holz?

00:06:33: Lewin Fricke: Von dem Holz gibt es tatsächlich jede Menge. Ich habe die Zahl mal für 2021 rausgesucht, da gibt es schon Waldzustandserhebungen. Da hatten wir einen Kalamitätsholzeinschlag, sagt der Fachmann, also Schadholzeinschlag, von über 40 Millionen Kubikmeter. Das ist mehr als die Hälfte des gesamten Holzeinschlag in diesem Jahr.

00:06:50: Wulf: Und wenn ihr das Holz so verwertet, du hast es schon angedeutet gerade: Bedeutet das, das CO2 ist darin gebunden, dauerhaft, zumindest für den Lebenszyklus des Gebäudes, das ihr damit baut. Was passiert denn, wenn der Lebenszyklus des Gebäudes endet? Es also wieder abgerissen wird?

00:07:05: Lewin Fricke: Genau, unser Mantra ist dann der "Reuse", was quasi noch mal über dem Recycling steht. Das bedeutet, wir können diese BRIQs, wenn wir sie einbauen, miteinander verriegeln über Buchenholzdübel und diese Verriegelung können wir wieder entriegeln und so können die einzelnen BRIQs rückgebaut werden. Wir nehmen die zurück, prüfen die auf ihre Qualität und geben sie dann eben in neue Bauvorhaben.

00:07:26: Lewin Fricke: Diesen Prozess wiederholen wir immer wieder, so oft wir das mit dem einzelnen BRIQ, dem einzelnen Holzbaustein eben machen können und gehen da von einer Wiedereinbringungsquote von 80 % aus. Die BRIQs, die wir jetzt eben nicht mehr einsetzen können, die geben wir in sogenannte Pyrolyseprozesse. Auf gut Deutsch wird daraus Kohle hergestellt und diese Kohle kann aber als Substitut im Zement oder eben im Kunststoffspritzguss eingesetzt werden und so bleibt dieses CO2 weiterhin gebunden.

00:07:54: Wulf: Lass uns doch mal reingehen, denn drinnen habt ihr eine Wand unverkleidet gelassen. Da gehen wir die BRIQS jetzt noch mal ein bisschen genauer anschauen. Jetzt sind wir hier drin in der Showcase-Wohnung und ich sehe jetzt hier das, was du gerade beschrieben hast, dass es aus verschiedenen Holzstücken, maschinell gefertigt, zusammengesetzt ist, zusammengehalten wird von Holzdübeln. Also es gibt praktisch keinerlei Klebstoff oder ähnliches dadrin. Richtig? Das ist rein mechanisch?

00:08:19: Lewin Fricke: Exakt. Im Regelfall ist TRIQBRIQ tatsächlich eher als gekapseltes System gedacht, wie ein Ziegelstein oder ein Kalksandstein eben auch, nur halt aus Holz. Aber hier hat sich jetzt eben der Kunde dafür entschieden, das auf Sicht zu lassen. Finde ich natürlich auch cool. Durch die Kleinteiligkeit dieser einzelnen BRIQs ist es natürlich ein spannendes Wandbild, aber es gibt durchaus Leute, die das optisch ansprechend finden.

00:08:39: Lewin Fricke: Und wie du es richtig gesagt hast, sieht man ja ganz gut: Also diese kleinteiligen Elemente, aus denen die BRIQs ja auch bestehen, sind nicht verklebt, sondern nur Vollholz, das mit Buchenholzdübeln miteinander verbunden ist.

00:08:51: Wulf: Also definitiv auch gesundes Wohnen. Dann würde mich mal interessieren, wie werden die denn gefertigt?

00:08:57: Lewin Fricke: Wir haben in Tübingen für die Fertigung unserer BRIQs eine vollautomatisierte Produktionsanlage entwickelt und sind inzwischen an dem Punkt, dass wir diese Anlage auf Containergröße haben. Und das ist sehr, sehr wichtig. Man muss sich vorstellen, wenn wir nachhaltig bauen wollen, dann geht es nicht nur darum, welches Material wir verwenden, sondern auch, wo dieses Material herkommt. Und durch unsere Micro-Factory in Anführungszeichen, diese sehr kleinen Produktionszellen, können wir nahtlos an den Produktionsprozess von Sägewerken, Schreinereien, Abholzentren anschließen und so lokale Ressourcenaufkommen ausnutzen und eben auch lokal Baustellen beliefern.

00:09:35: Lewin Fricke: Unser Ziel: Bis 2027 30 Produktionszellen in ganz Deutschland am Laufen haben.

00:09:41: Wulf: Das heißt Emissionen, die beim Transport entstehen, sind dann minimiert, weil man eben lokale Kreisläufe schafft.

00:09:46: Lewin Fricke: Das ist die ganze Idee hinter dem Prozess, den ich gerade beschrieben habe. Richtig.

00:09:49: Wulf: Wenn jetzt so eine Wand gestellt wird, müssen die Arbeiterinnen und Arbeiter, die das tun, eine spezielle Schulung haben? Das Thema Fachkräftemangel am Bau ist ein Großes.

00:09:59: Lewin Fricke: Ich mache ja bei uns die Öffentlichkeitsarbeit und ich habe Politikwissenschaft studiert und diese 60-Quadratmeter-Wohnung habe ich mit zwei Bauarbeitern zusammen gebaut. Also den TRIQBRIQ-Teil natürlich nur. Und dieser Rohbau ist innerhalb von einem Tag entstanden mit der Hilfe eines Politikwissenschaftlers. Dementsprechend ist es bei tragenden Bauteilen natürlich immer gut, wenn da Profis mit dabei sind. Aber die Anwendung könnte einfacher nicht sein.

00:10:20: Lewin Fricke: Wir haben Bauunternehmen, die schon mit TRIQBRIQ gebaut haben, die sagen, sie rechnen mit einer Bauzeit auf den Quadratmeter-Wandfläche von acht Minuten und das ist wirklich Lichtgeschwindigkeit.

00:10:29: Wulf: Dann würde mich interessieren: In der Planung solcher Gebäude oder mit solchen neuen Baustoffen, wie ihr das anbietet, gibt es da Vorbehalte? Gibt es da Schwierigkeiten? Müssen die Planer Etwas neu lernen? Oder ist es am Ende einfach ein weiteres Wandsystem, was bestimmte Attribute hat und dann entsprechend softwareseitig in die Planung eingebettet wird?

00:10:49: Lewin Fricke: Grundlegend gibt es natürlich immer ein paar Unterschiede, wenn man mit Holz baut im Vergleich zu herkömmlichen massiven Baumethoden. Das Fundament kann zum Beispiel schwächer ausgeführt werden. Es gibt sicherlich noch einige weitere Dinge, die beachtet werden müssen. Prinzipiell haben wir uns mit TRIQBRIQ aber darauf konzentriert, eben so einfach wie möglich an allen Ecken und Enden zu sein. Das bedeutet, ein BRIQ hat quasi die Maße von 50 Zentimetern in der Breite und kann eben bis auf 25 Zentimeter runter dimensioniert werden.

00:11:15: Lewin Fricke: Und dann ist man eben genau im Raster von dem herkömmlichen Mauerwerksbau. So kann jeder Architekt planen.

00:11:20: Wulf: Wie schwer ist ein BRIQ.

00:11:21: Lewin Fricke: Oh ein Kasten Bier ungefähr. Nee, ich sage mal so 15 Kilo.

00:11:27: Wulf: Das kann jeder auf der Baustelle heben.

00:11:30: Lewin Fricke: Ich glaube auch.

00:11:30: Wulf: Nein, aber sie werden ganz normal auf Palette angeliefert und dann werden sie händisch bewegt. Man braucht jetzt nicht irgendwie einen Steinsetzkran oder Ähnliches?

00:11:37: Lewin Fricke: Genau. Die BRIQs werden Müllfrei angeliefert auf Europaletten mit wiederverwendbaren Spanngurten und wiederverwendbaren Abdeckhauben zum Witterungsschutz, die zu uns zurückgehen. Und dann ist es genau so, wie du es gerade beschrieben hast: Die Bauarbeiter nehmen die BRIQs händisch an. Wir haben am Anfang an den Baustellen immer noch Versetzkräne zur Verfügung gestellt und mussten einfach feststellen, dass die überhaupt nicht angenommen werden.

00:11:57: Lewin Fricke: Die Bauarbeiter sind einfach total flink, wenn sie dieses Micro-Modulare-System, so nennen wir das ja - kleinteilig, aber standardisiert -, wenn sie dieses System dann händisch eben an den Ort bringen, wo es eben verbaut wird.

00:12:08: Wulf: Jetzt kennt man aus dem Holzbau auch zum Beispiel Holzbausysteme, wo schon große Wandmodule vorgefertigt werden in den Fabriken. Da wird dann eine Dämmung aufgebracht und Ähnliches. Sprich da kommt so ein fertiges System, auch ein Wandsystem, auf die Baustelle. Inwiefern seid ihr anschlussfähig an andere Baumaterialien? Gibt es da irgendwelche Spezifika oder ist das eine Wand wie jedes andere und man kann dann tun, was man im normalen klassischen entweder Stahlbeton oder Ziegelbauweise auch machen könnte?

00:12:39: Lewin Fricke: Das war jetzt ein vielschichtige Frage. Am Anfang ging es um die Modularität und dann um die Anschlussfähigkeit an andere Systeme. Ich fange mal bei den Modulen an. Wir haben ja heute auch den Kassem hier zu Gast und Kassem hat sein Büro in genau so einem Gebäude, nämlich dem neuen Bundestagsgebäude. Und da wurden eben ganze Raummodule angeliefert. Und wer schon mal im Deutschen Bundestag in diesen Büroräumen war, der weiß, das macht auch hochgradig Sinn, weil diese Büros eigentlich immer genau die selbe Größe haben, immer eine sehr ähnliche Ausstattung. Und da mit so einem standardisierten dreidimensionalen Raummodul zu arbeiten, ist natürlich hochgradig sinnvoll.

00:13:10: Lewin Fricke: Da wäre es sicherlich nicht der richtige Anwendungsfall gewesen. Genauso gibt es eben auch ganz viele Projekte, wo eben dieser Mikro-Modulare-Ansatz viel mehr Sinn macht, weil man eben zum Beispiel schon die Zirkularität im Blick hat, weil der Baustellenzugang nicht ganz einfach ist oder weil es die Architektur einfach nicht anders hergibt. Zum zweiten Teil, die Anschlussfähigkeit: Uns bei TRIQBRIQ ist es natürlich immer lieb, wenn unsere Kundinnen und Kunden im Kontext der gesamten Baustelle nachhaltig denken.

00:13:37: Lewin Fricke: Aber wir zwingen natürlich auch niemanden zu seinem Glück. Das bedeutet, uns ist es auch wichtig zu sagen, wir sind absolut technologieoffen in der weiteren Verwendung. Es verhält sich wie bei anderen Massivholzbausystemen auch: Man sollte definitiv diffusionsoffen bauen, also atmungsaktiv. Man kann sich einen TRIQBRIQ-Wand vorstellen wie eine Gorotex Jacke: Feuchte geht von innen nach draußen und so reguliert sich das Gebäude in vielen Teilen selbst.

00:14:00: Lewin Fricke: Das ist der einzige technische Anspruch. Aber ansonsten kannst du Außen, wenn du das unbedingt möchtest, ein WDVS anbringen. Du kannst eine vorgehängte Holzfassade machen, du kannst eine vorgehängte Klinker-Fassade anbringen. Da sind der Fantasie eigentlich keine Grenzen gesetzt.

00:14:16: Wulf: Mich würde aus deiner Perspektive mal interessieren: Es gibt Rahmenbedingungen für das Bauen in Deutschland, regulatorische Rahmenbedingungen, politische Rahmenbedingungen. Und Holzbau hat in diesen Rahmenbedingungen nicht immer den leichtesten Stand gehabt in der Vergangenheit. Da hat sich aber viel getan. Zum Beispiel gab es einen neuen Holzbau-Richtlinie und Ähnliches. Wie ist deine Einschätzung: Wo steht die Szene heute? Steht ihr am Anfang eines Booms? Seid ihr schon mittendrin oder gibt es immer noch Hemmnisse, die ausgeräumt werden müssen?

00:14:42: Lewin Fricke: Aus der reinen wirtschaftlichen Sicht haben wir definitiv einen Boom, auch wenn die Marktlage aktuell in Gänze natürlich etwas angespannt ist. Wir haben in Deutschland im Einfamilienhausbereich eine Holzbau Quote von 25 %. Im größeren Bereich, gab es vor kurzem erst eine informative Studie, sind wir bei 3 - 4 %, aber mit einer sehr steigenden Tendenz. Und das ist auch absolut richtig so, denn aufgrund der CO2-Thematik allein schon brauchen wir mehr Holzbau.

00:15:05: Lewin Fricke: Und weil es auch nun mal aus meiner Sicht der professionellste Baustoff ist. Dementsprechend gibt es auch immer mehr Initiativen aus der Politik, die den Holzbau im Vergleich zum herkömmlichen Bauen immer mehr gleichstellen möchten. Aber und das ist schon auch eine sehr bewusste Aussage an der Stelle: Das reicht noch nicht, was da aktuell von der Politik kommt. Wir haben eine Holzbauinitiative der Bundesregierung, die aber über so gut wie keine Finanzmittel verfügt, also überhaupt gar kein Signal in den Markt geben kann,

00:15:33: Lewin Fricke: an den Pain Points, wo der Holzbau eben noch nicht gleichgestellt ist mit dem herkömmlichen Bauen. Unbegründeter Weise muss man sagen, wissenschaftlich fundiert. Da zu supporten, da Unterstützung reinzugeben, auch mit Blick auf neue Materialien, Innovationsförderung zu betreiben. All das ist ohne Geld nicht möglich. Und ich muss ganz klar sagen, die Holzbauinitiative hat kein Geld in sich stecken und dementsprechend muss ich sagen, muss da von der Politik mehr kommen.

00:16:00: Wulf: Jetzt wollen wir zum Schluss noch mal unsere Hörerinnen und Hörer mit in eure TRIQBRIQ-Welt nehmen. Dies ist natürlich nicht das einzige Gebäude, was bisher mit TRIQBRIQ entstanden ist. Erzähl doch mal, was ist schon gebaut worden mit TRIQBRIQ und was wird vielleicht gerade gebaut? Was steht in Zukunft an?

00:16:18: Lewin Fricke: Gerne. Wir sind ja hier wie gesagt, in einer Showcase-Wohnung, 60 Quadratmeter, der berlinovo. Also das ist jetzt nicht sonderlich groß, aber, und das ist schon auch eine Aufforderung an jeden einzelnen von uns, hier war ein Projektmanager der berlinovo, der dieses Projekt angestoßen hat, wirklich mit Innovationswillen und auch mit einer gehörigen Prise Mut. Und was hat sich ergeben?

00:16:37: Lewin Fricke: Zum Schluss war die Geschäftsführung von der berlinovo schon hier. Ich war hier schon mit Bundestagsabgeordneten. Die Leute sind begeistert von dem Projekt. Und jetzt entsteht in Spandau gar nicht weit von hier, eine 200 Quadratmeter... ein 200 Quadratmeter Gebäude, nämlich ein temporäres Stadtteilzentrum, auch mit der berlinovo gemeinsam, auch mit TRIQBRIQ. Also das zeigt: Der Impact Einzelner leistet wirklich was.

00:16:57: Lewin Fricke: Wie geht's bei TRIQBRIQ grundlegend weiter? Sicherlich die spannendste Baustelle für uns aktuell ist ein Edeka. Der entsteht in Braunschweig, 1100 Quadratmeter. Aktuell laufen die Erdarbeiten und unser Bauabschnitt ist wahrscheinlich Ende Juli, Anfang August. Dann haben wir verschiedene Mehrfamilienhäuser, die anstehen. In Heilbronn ein sehr spannendes Projekt, wo es immer konkreter wird. Auch in Tübingen sind wir da im Gespräch.

00:17:22: Lewin Fricke: Und dann gibt es noch so verschiedene kleinere Projekte und dann einiges, das in der Pipeline ist, aber noch nicht kommunikationswürdig.

00:17:27: Wulf: Super spannend. Ich danke Dir wirklich herzlich für die detaillierte Vorstellung eures Systems, dessen, was ihr macht und eines sehr hoch innovativen Baumoduls. Ja, danke schön.

00:17:39: Lewin Fricke: Sehr gern. Vielen Dank für die Einladung.

00:17:48: Wulf: Ich freue mich, jetzt mit Kassem Taher Saleh zu sprechen. Kassem ist Mitglied des Deutschen Bundestages bei Bündnis 90/Die Grünen. Kassem, herzlich willkommen!

00:17:56: Kassem Taher Saleh: Hallo, grüß dich! Danke für die Einladung.

00:17:58: Wulf: Kassem, erstmal würde ich ganz gerne über dich sprechen. Du bist nämlich Bauingenieur, was natürlich für unsere Themen sehr, sehr spannend ist. Wie bist du zum Bauingenieurstudium gekommen? Was hat dich motiviert, Bauingenieur zu werden?

00:18:13: Kassem Taher Saleh: Ich habe mein Abitur über einen zweiten Bildungsweg gemacht, habe also zuerst mal einen Realschulabschluss absolviert. In Plauen, im Vogtland und dann mein Abitur nachgelegt. Stand ich vor drei Studiengängen am Ende. Es war Sportmedizin, da war mein NC nicht gut genug und ich wollte nicht ein Wartesemester einlegen. Dann war Jura tatsächlich auch ein Studiengang, der in der engeren Auswahl war.

00:18:37: Kassem Taher Saleh: Dann habe ich ein Praktikum gemacht im Amtsgericht in Plauen. Da dachte ich mir, das mache ich nie im Leben weiter. Das ist mir viel zu trocken und am Ende war es das Bauingenieurwesen, was ich dann gewählt habe, aus mehreren Gründen: Nummer eins: Ich wollte etwas studieren, was man international machen kann. Ich meine, ich spreche insgesamt fünf Sprachen und wollte auch die Flexibilität meines Berufes und meine Ausbildung haben.

00:18:58: Kassem Taher Saleh: Und dann hatte ich immer die Vision, mit meinen Kindern oder Enkelkindern durch die Stadt zu laufen und sagen zu können: "Das habe ich mitgebaut. Das waren die Herausforderungen...". Dass man natürlich auch die Gesellschaft mit verändert und mit voranbringt. Und deshalb habe ich mich entschieden für das Bauingenieurwesen. Ich finde das ist ein wunder, wunderbares Studium. Ich habe es geliebt, im gleichen Atemzug auch wieder gehasst, weil es schon ein anstrengendes Studium ist.

00:19:24: Kassem Taher Saleh: Man muss sich da wirklich durchquälen, teilweise, vor allem die ersten Semester. Zumindest ging es mir so. Einige meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen hatten es etwas einfacher. Aber ich bin damals nach Deutschland gekommen mit keinem Deutsch. Und dann noch mal so ein Fachstudium zu starten, da musst du dir die Fachbegriffe erst mal erläutern. Was heißt "Estrich", was bedeutet "weiße Wanne", "schwarze Wanne"?

00:19:50: Kassem Taher Saleh: Und dementsprechend kam das noch mal auf diese so oder so schon komplexen Sachverhalte noch mal hinzu und das war die Vision. Und jetzt bin ich extrem froh darüber, dass ich diese Studium auch so erfolgreich abgeschlossen habe.

00:20:04: Wulf: Das heißt, du bist wirklich Bauingenieur aus vollstem Herzen und du bist dann ja auch in der Branche tätig gewesen, hast dich dann aber entschieden, in die Politik zu wechseln. Und jetzt bist du seit dieser Legislatur, also seit September 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages. Was hat dich denn motiviert, dann den Schritt in die Politik zu gehen?

00:20:21: Kassem Taher Saleh: Das waren mehrere Gründe. Grund Nummer eins: Ich war immer schon politisch engagiert, zumindest in dem, ich würde sagen im sozialen, ehrenamtlichen Bereich. Ich war in Plauen schon im Asylheim damals das Bindeglied zwischen der Geflüchteten- und der deutschen Community. Wie gesagt, ich spreche fünf Sprachen insgesamt. Und da ist man natürlich so eine Art Schatz in diesem Milieu. Habe also Geflüchtete unterstützt bei der Sprache, bei der Integration, habe sie begleitet in den Ausländerbehörden, bei Arztbesuchen und Co. Und natürlich auch auf der anderen Seite haben mich die Ausländerbehörden mich gefragt und ich war sozusagen Bindeglied.

00:21:04: Kassem Taher Saleh: Und es hat mir auch wirklich viel Spaß gemacht, auch mich für meine Mitmenschen einzusetzen. Ich war Schülersprecher einige Zeit lang, ich war ehrenamtlich Schiedsrichter in meinem Fußballverein. Und dann bin ich nach Dresden gezogen, war für den Sächsischen Flüchtlingsrat als Dolmetscher aktiv, habe eine Hochschulgruppe mit initiiert, wo man Kids unterstützt hat, die aus einem sozial schwachen Milieu kommen. Und da habe ich immer gelernt: Die wichtigsten Entscheidungen, die trifft man in den Parlamenten.

00:21:37: Kassem Taher Saleh: Aus einer reinen Neugier dachte ich: "Ich möchte gerne verstehen, wie Parteien funktionieren. Welche Menschen stecken dahinter? Wie handeln sie? Wie denken sie, wie sind die Prozesse?" Überhaupt nicht irgendeinen Gedanken daran verschwendet, selbst mal zu kandidieren. Dann bin ich 2019 den Bündnis 90/Die Grünen in Dresden beigetreten. Es hat mir extrem viel Spaß gemacht. Ich war aktiv in der Verkehrs- und Bau-AG hauptsächlich.

00:22:02: Kassem Taher Saleh: Und wir sehen jetzt vor allem in den letzten Jahren ist es extrem hoch gekommen, wie wichtig der Gebäudesektor ist, um unsere Klimaziele zu erreichen. Und da kam das Angebot 2020, ob ich nicht Interesse habe, für den Bundestag zu kandidieren. Und da war man in einem Pool mit mehreren Interessierten und dann muss man sich durchsetzen. Und ich habe das Vertrauen bekommen von den Mitgliedern, die haben mich aufgestellt und dann ging es nach draußen, um Wählerinnen und Wähler zu überzeugen in Sachsen.

00:22:31: Kassem Taher Saleh: Dank deren Stimme hat es geklappt und deshalb bin ich seit Oktober September 21 im Bundestag. Mir war es auch sehr wichtig, dass ich auch Baupolitik machen werde und machen möchte, weil ich es auch immer für wichtig halte, dass wenn man Politik macht, zumindest ein Verständnis dafür da ist in den Bereichen, die man behandelt. Das schafft ja noch mal eine eigene Credibility, eine eigene Verlässlichkeit.

00:23:02: Kassem Taher Saleh: Mit deiner Erklärung kommst du ganz anders an bei dem Gegenüber. Und es hat mir Spaß gemacht. Und danke auch an die an die Fraktion, die mir auch die Stimmen und die Verantwortung übergeben hat. Und ich bin extrem froh darüber, jetzt auch in diesen schweren Zeiten, die wir haben, die Baupolitik und die Bauwende vorantreiben zu können.

00:23:22: Wulf: Du erfüllst in deiner Fraktion die Rolle als Obmann im Ausschuss für Wohnungsbau, Bauwesen. Was macht denn die Bundesregierung konkret, um das Thema Holzbau zu fördern?

00:23:34: Kassem Taher Saleh: Wir haben eine Holzbauinitiative. Die hat auch einige Jahre gebraucht. Ich muss erst mal sagen, ich bin wirklich froh, dass wir das auch in den Koalitionsvertrag damals rein verhandelt haben, dass wir eine Holzbaunitiative benötigen und brauchen, wo wir den Wertstoff Holz als eine der entscheidenden Ressourcen auch für die Bauwende betrachten. Klar ist auch, auch bei uns, bei der Bündnis-Grünen-Bundestagsfraktion das Holz, nicht das Allheilmittel ist.

00:24:07: Kassem Taher Saleh: Wir brauchen alle nachwachsende Rohstoffe und müssen da auch eine gesamte Breite haben. Leider Gottes kommen wir in diesen Zeiten auch nicht ganz am Beton vorbei. Auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Dementsprechend ist auch in der Holzbauinitiative nicht nur der reine Fokus aufs Holz gedacht und auf das Thema Wald, sondern auch auf nachwachsende und natürliche Rohstoffe.

00:24:31: Kassem Taher Saleh: Was mir ehrlicherweise noch fehlt... Ich meine, es ist immer noch ein Konzept, ist immer noch eine Initiative, es ist noch kein Gesetz. Das fehlt mir noch dahinter, die gesetzlichen Verankerungen, aber auch das Geld. Wir haben es jetzt geschafft, dass wir im Landwirtschaftsministeriums-Etat im BMWL ein Förderprogramm für nachwachsende Rohstoffe haben, der insgesamt um die 85 Millionen € hoch ist. Das ist jetzt nicht der gigantische Atemzug, den wir haben, aber es ist definitiv schon mal ein erster Schritt.

00:25:05: Kassem Taher Saleh: Und das sollte man sich auch mal zu Herzen nehmen, dass wir in so einer schweren, auch haushaltärischen Lage es ernst meinen, dass wir die Bauwende auch mit Holz vorantreiben. Jetzt sind wir daran, dass wir auch im Bauministerium, das gewisse Kleingeld im Etat auch reinverhandeln. Dass wir auch hier aus dem Baumministerium heraus die Wertschätzung gegenüber Holz und gegenüber nachwachsenden Rohstoffen da ist. Geld ist nicht alles.

00:25:33: Kassem Taher Saleh: Geld wird nicht der Maßstab sein, wie wir das Thema "Holz", Thema "Nachwachsende Rohstoffe" und die Bauwende angehen. Aber es ist zumindest ein erster Impuls.

00:25:43: Wulf: Du hast jetzt die beiden beteiligten Ministerien schon angesprochen das Bauministerium, das Landwirtschaftsministerium. Jetzt, wenn man sich die Holzbauinitiative, das was dazu veröffentlicht wurde, anschaut, dann werden zwei Schwerpunkte genannt: Zum Beispiel "Forschung und Entwicklung fördern". Du hast gerade auch die Budgets angesprochen dafür. Das ist sicher auch spannend, wenn man so Startups mit wirklich innovativen Produkten wie TRIQBRIQ betrachtet. Der andere Teil ist, das insbesondere auch zwischen Bund und Ländern Arbeitsgruppen gebildet werden sollen, um sich Themen wie Bauordnung anzuschauen oder ähnliches.

00:26:12: Wulf: Wo siehst du denn aktuell die größten Hemmnisse für Holzbau in Deutschland, die über so eine Initiative ausgeräumt werden können in den nächsten Jahren?

00:26:20: Kassem Taher Saleh: Ich würde sagen, einer der größten Hemmnisse ist das Thema "Brandschutz", was in den Landesbauordnungen verankert ist. wo ich persönlich aus rein pragmatischen Bauingenieursicht es nicht verstehen kann, warum der Brandschutz so eine große Relevanz hat. Klar, es ist ein Sicherheitsfaktor, ohne Frage. Aber die Dimensionen und die Art und Weise, wie da der Holzbau zurückgedrängt wird, da habe ich persönlich kein großes Verständnis dafür.

00:26:46: Kassem Taher Saleh: Wir haben es in Sachsen zumindest geschafft. Da haben wir das Holz-Kompetenz-Zentrum, weil es die Landesregierung da voran getrieben haben. Und da haben wir es auch geschafft, das im 23iger Haushalt ein Projekt gefördert wird mit knapp 9 Millionen € alleine aus der Bundesebene in Leipzig, Plagwitz. Wo wir ein Holzhochhaus komplett aus Holz, 16 Etagen und da sollen auch Sozialwohnungen rein... Als einer der größten Holzprojekte, die wir bundesweit überhaupt haben, dass wir zumindestens auch der Wirtschaft zeigen können: Es geht. Die Maßnahmen sind dafür da, die Richtlinien sind dafür da. Man kann es bauen, wenn man es möchte. Um auch nicht nur die Forschung und Entwicklung... Was natürlich wichtig ist. Aber ich glaube, wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu viel geforscht.

00:27:38: Kassem Taher Saleh: Wir wissen meiner Meinung nach viel zu viel. Wir müssen das mal auf die Straße bringen bzw auf die Schiene bringen. Wir müssen jetzt mal den Menschen zeigen, wie es geht. Und dass es geht, das wissen wir, das zeigen mehrere Startups. Das zeigen mehrere Unternehmen, die auch Bock und Laune haben und Lust haben und vor allem auch das Kleingeld an die Hand nehmen, um genau solche innovativen Projekte voranzubringen.

00:28:04: Kassem Taher Saleh: Also was braucht es: Eine Vereinfachung im Bereich Brandschutz. Es braucht tatsächlich gesetzliche Verankerung. Meiner Meinung nach könnte man das im Gebäude-Energie-Gesetz auch regeln, wie man mit nachwachsenden Rohstoffen umgeht. Es kann natürlich auch sein, wenn man das Thema nachwachsende Rohstoffe ernst meint, dass man das auch in der Steuerpolitik berücksichtig, wenn man sagt: Wir bevorzugen oder geben Steuererleichterungen für nachwachsende Rohstoffe, unter anderem Holz, um auch unseren wertvollen Ressourcen zu schützen, die wir haben.

00:28:43: Kassem Taher Saleh: Es gibt also mehrere Maßnahmen. Aber das dickste Brett, was man angehen muss, das sind meiner Meinung nach die Landesbauordnungen. Und da müssen wir ran, dass wir auch die Möglichkeiten vom Holzbau, von Mehrstöckigkeit, da tatsächlich erweitern.

00:29:00: Wulf: Abschließend zum ökologischen Aspekt von Holzbau: Heute ist es so, der deutsche Wald wächst zu. Da gibt es Statistiken, wonach eben immer mehr Holz zuwächst, als heute eingeschlagen wird. Wenn es jetzt natürlich in die Richtung geht, dass wir immer mehr Holznutzung haben werden. Siehst du eine Gefahr, dass wir irgendwann dahin kommen, dass es da eine Nutzungskonkurrenz gibt? Oder dass wir an die Stelle kommen, wo wir sagen: "Wir müssen vorsichtig sein, was die weitere Nutzung von Holz als Rohstoff angeht"?

00:29:28: Kassem Taher Saleh: Ich bin gerne ein Mensch, der das Schritt für Schritt angeht. Klar müssen wir das im Blick haben, müssen wir auch die Optionen abwägen, was passiert, wenn. Aber ich persönlich sage, wir sollten uns unseren aktuellen Waldbestand auch beispielsweise Kalamitätsholz und andere Holzarten, die teilweise als Totholz deklariert werden, nutzen und das als wertvollen Rohstoff in unsere Gebäude reinbauen. Die andere Alternative ist: Wir greifen in die Umwelt ein, bauen Sand ab, Kies ab, lassen mit extrem großer Energie Beton entstehen und bauen so unsere unsere Gebäude.

00:30:12: Kassem Taher Saleh: So sage ich: "Stepp by step". Und ein anderes Thema würde ich gerne noch ansprechen: Auch das illegale Holz hier, also in europäischen Ländern. Da hat jetzt auch die EU eingegriffen mit dem Entwaldungsfreien-Lieferketten-Gesetz, das ist ein langer Name, wo man bei den Holzherstellern da zumindest den Nachweis hat, dass das Holz, was man einbaut, nicht illegal abgeholzt wurde, sondern zertifiziert ist.

00:30:42: Wulf: Kassem, bis hierhin erst mal vielen herzlichen Dank.

00:30:44: Kassem Taher Saleh: Sehr gerne. Hat mich sehr gefreut.

00:30:52: Sandra: Ja Wulf, das war wirklich sehr spannend zu hören, wie viel aktuell im Holzbau passiert. Man kann auf jeden Fall sagen der Baustoff Holz, der erfährt gerade einen richtigen Aufschwung. Und Systeme wie das von TRIQBRIQ, die prägen die Prozesse auf der Baustelle in jedem Fall positiv.

00:31:06: Wulf: Ja, tatsächlich. Das mit den verbesserten Prozessen fand ich auch total spannend. Zum einen, wie schnell man mit so einem System bauen kann und zum anderen, wie einfach eigentlich das ist. Man muss ja wirklich keine Vorkenntnisse haben und das zahlt dann auch wieder auf das Thema Bekämpfung des Fachkräftemangels ein.

00:31:21: Sandra: Ja, und auch sehr beeindruckend, wie ganzheitlich der Nachhaltigkeitsgedanke bei TRIQBRIQ mitgedacht wird.

00:31:27: Wulf: Ja, tatsächlich. Also das ist wirklich tiefgreifend. Also zum einen natürlich die Bausteine selber sind ja wirklich kreislauffähig, können also wieder auseinandergenommen und direkt wiederverwendet werden. Dann wird ja Kalamitätsholz verwendet, was total spannend ist. Wir haben am Anfang der Folge angesprochen, wie wichtig der Waldumbau ist und da fällt eben viel von diesem Holz an. Und dann fand ich super interessant in dem Prozess gedacht, dass diese Mikrofabriken in regionale und lokale Wertschöpfungsketten eingebettet werden, also direkt neben dem Sägewerk stehen und damit ja auch wieder Transportwege verkürzt werden und da CO2-Emissionen eingespart werden. Und zuletzt, die Logistik ist ja auch CO2 frei gedacht, also wiederverwendbare Ladungsträger, auf den die BRIQS an die Baustelle gebracht werden... Wetterschutz wiederverwendbar... spannend.

00:32:09: Sandra: Okay, also das zu TRIQBRIQ. Aber findest du denn die aktuellen politischen Rahmenbedingungen im Holzbau ausreichend?

00:32:14: Wulf: Ja, tatsächlich fand ich es wirklich spannend, mal den Blick hinter die Kulisse wagen zu können, gemeinsam mit Kassem. Und gut zu sehen, dass sich intensiv mit dem Thema beschäftigt wird und eben diese offizielle Holzbauinitiative der Bundesregierung ins Leben gerufen wurde. Das zeigt ja den Stellenwert. Natürlich ist es dann gleichzeitig nachvollziehbar, dass so Start ups wie TRIQBRIQ mit der aktuellen Finanzierung der Initiative noch nicht so wirklich zufrieden sind. Weil das sind halt Startups, die wollen jetzt was schaffen, die wollen jetzt auf den Markt und sich da etablieren. Da kann es nicht schnell genug gehen.

00:32:46: Sandra: Auf jeden Fall ein sehr positives Zeichen, das sich auch in der Politik Baufachleute wie Kassem an Themen wie der Holzbauinitiative engagieren. Da bin ich doch ganz zuversichtlich, dass in Zukunft hier sich noch einiges bewegen wird.

00:32:58: Wulf: Ja, und was ja auch spannend ist, das hat Lewin gesagt, wie wichtig eben diese Einzelpersonen mitunter sind. Kassem auf der politischen Seite. Lewin hat beschrieben, wie wichtig Promotoren in den Bauunternehmen für sie sind, um ihren Holzbauansatz in die Unternehmen reinzubringen, auf die Baustellen zu bringen. Ja, und damit können wir eigentlich nur noch mal einen Aufruf an euch, unsere Hörerinnen und Hörer verbinden.

00:33:21: Wulf: Wir sind jetzt am Ende dieser Podcast-Staffel und wir möchten euch auffordern: Geht hinein in eure Unternehmen, geht raus auf eure Baustellen, probiert neue Ansätze aus, seid ambitioniert im Wandel und arbeitet mit Innovatoren in Startups und Forschungseinrichtungen zusammen. Denn wenn man eines mitnehmen kann aus dem, was unsere Gäste vermittelt haben, dann ist es: "Den Mutigen gehört die Baustelle der Zukunft."

00:33:45: Sandra: Danke Wulf, für diese sehr, sehr motivierenden Worte am Schluss unserer Staffel. Mir hat es wirklich sehr, sehr viel Spaß gemacht, bei den Interviews mit unseren Gästen dabei zu sein und bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen. Danke auch an Euch, liebe Zuhörerinnen, dass ihr so fleißig mit dabei wart und eingeschaltet habt. Wenn ihr unseren Podcast gerne mögt, dann könnt ihr uns am besten unterstützen,

00:34:05: Sandra: wenn ihr uns Likes oder Kommentare auf den Podcast Plattform eurer Wahl hinterlasst. Wir freuen uns aber auch sehr darüber hinaus auf Feedback und vielleicht Hinweise/Ideen für die kommenden Folgen. Das bitte an podcast@z-lab.com. Ich freue mich, wenn es in ein paar Monaten weitergeht in die dritte Staffel von unserem Podcast Baustelle Zukunft.

00:34:26: Wulf: Ja, auch von meiner Seite. Sandra, herzlichen Dank für die Co-Moderation und danke an das ganze Team hinter dem Podcast und unsere Zuhörerinnen und Zuhörer. Und bis bald!

00:34:34: Sandra: Bis dann, Tschüss!

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