EPD – Wie nachhaltig ist dein Baustoff wirklich?

Shownotes

Baustoff ist nicht gleich Baustoff. Doch wie umweltschädlich oder -verträglich Materialien wirklich sind, bleibt oft verborgen. In anderen Branchen kennen wir die CO₂-Fußabdrücke und Inhaltsstoffe, in der Baubranche fehlt diese Transparenz. Dabei ist die Herstellung vieler Baustoffe ein echter Emissionstreiber.

Genau hier setzen Environmental Product Declarations (EDPs) an, denn sie machen die Umweltauswirkungen einzelner Materialien sichtbar. Sie liefern belastbare Informationen zu Emissionen, Rohstoffen und Energieverbrauch. Mit neuen gesetzlichen Vorgaben steigt der Druck. Denn ohne EPDs lässt sich der CO₂-Fußabdruck eines Gebäudes kaum belegen.

Florian Pronold, Geschäftsführer des Institut Bauen und Umwelt (IBU), erklärt im Podcast, wie EPDs entstehen, wie sie Vergleichbarkeit schaffen und dabei die einzige Methode sind, die wirklich resistent gegen Greenwashing ist. Doch bisher war die Erstellung von EPDs oft langwierig, aufwändig und alles andere als praktikabel.

Dass es auch anders geht, zeigt Holcim. In Kooperation mit dem IBU hat das Unternehmen den Prozess automatisiert und digitalisiert und so die Erstellung von einem halben Jahr auf nur 15 Minuten reduziert. Michael Scharpf, Head of Sustainable Construction bei Holcim, gibt Einblicke in diese Prozessinnovation und erklärt, wie dadurch neue Standards für die ganze Branche gesetzt werden können.

Gemeinsam diskutieren wir: Können EPDs durch echte Vergleichbarkeit und Transparenz den Wandel hin zu nachhaltigem Bauen wirklich beschleunigen?

Mehr Infos zu uns auf z-lab.com

Transkript anzeigen

00:00:00: Sandra: Hallo und willkommen zu einer neuen Folge von “Baustelle Zukunft”. Ich bin Sandra May, Open Innovation Lead im Zeppelin Lab.

00:00:15: Wulf: Hallo auch von mir. Ich bin Wulf Bickenbach, Geschäftsführer des Z LAB.

00:00:18: Sandra: Heute sprechen wir über ein Thema, das wirklich entscheidend für die Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit von Bauprojekten ist. Es geht um EPDs, Environmental Product Declarations, also auf Deutsch: Umwelt Produkt Deklaration. Das klingt kompliziert. Könnt ihr euch aber wie einen Beipackzettel für Baustoffe vorstellen.

00:00:36: Wulf: Ja, tatsächlich ist es in der Baubranche wirklich nicht einfach zu bestimmen, wie umweltschädlich oder verträglich einzelne Baustoffe sind. In vielen anderen Branchen gibt es da Informationen und Vergleichsmöglichkeiten, um die richtigen Rohstoffe und Materialien für ein Produkt auszuwählen. Und beim Bauen hingegen ist es schon noch echt schwierig.

00:00:54: Sandra: Es fehlt also vor allem an Transparenz und EPDs die sollen diese Transparenz bieten. Dadurch werden sie zur Basis für verschiedene Praktiken wie zum Beispiel Ökobilanzierungen. Und es gibt noch einen weiteren Punkt. Zukünftig müssen Bauunternehmen ihren ökologischen Fußabdruck ausweisen. Dann werden die EPDs eine entscheidende Rolle spielen.

00:01:12: Wulf: Ja, das ist auch ein wichtiges Thema, denn wenn Bauunternehmen ihre ökologische Bilanz wirklich nachvollziehbar machen wollen, dann könnte die Verwendung von EPDs nahezu unverzichtbar werden. Aber ein solches Dokument zu erstellen, ist schon sehr aufwendig. Deswegen möchten wir heute die Frage klären: Können Environmental Product Declarations durch Transparenz und Vergleichbarkeit wirklich die Nachhaltigkeit im Baugewerbe vorantreiben?

00:01:36: Sandra: Wir haben darüber mit zwei Experten gesprochen, und zwar mit Florian Pronold, dem Geschäftsführer des Institut Bauen und Umwelt und Michael Scharpf, er ist Head of Sustainable Construction bei Holcim.

00:01:47: Wulf: Also lasst uns in die Gespräche reinhören und viel Spaß bei der Folge.

00:01:55: Sandra: Ich freue mich heute, Florian Pronold bei uns begrüßen zu dürfen. Florian Pronold ist Geschäftsführer des Instituts für Bauen und Umwelt, kurz das IBU und das IBU, das ist ein Verein, der sich zusammensetzt aus Herstellern und Verbänden der Baustoffindustrie und das nachhaltige Bauen voranbringen möchte. Und das IBU ist einer der führenden Programmbetreiber und Ersteller von Umwelt Produkt Deklaration im Bauwesen.

00:02:16: Sandra: Hallo Florian, wir freuen uns, dass du da bist.

00:02:18: Florian Pronold: Hallo, freut mich auch.

00:02:19: Sandra: Florian, wenn man den Begriff Umweltproduktdeklaration hört, das klingt natürlich erstmal etwas sperrig und auch nach einem sehr komplexen Konzept. Warum lohnt es sich denn für Beschäftigte in der Baubranche, sich mit EPDs zu befassen?

00:02:34: Florian Pronold: Ja, EPDs ist auch noch die englische Fassung, Environmental Product Declaration, sodass man nicht Verwirrung stiftet, aber eine EPD ist eigentlich ein Beipackzettel für Bauprodukte. Der drittgeprüft und damit Greenwashing resistent, alle Informationen für Umweltauswirkungen eines Bauproduktes gibt, und zwar sogar über den gesamten Lebenszyklus. Und das ist die Grundlage für alle Ökobilanzierungen von Gebäuden nachher. Und deswegen ist es so wichtig, weil, ich muss überprüfen können, ob das, was ich mir zum Beispiel als gesellschaftspolitische Ziele setze, also dass Gebäude weniger CO2 ausstoßen, dass sie weniger CO2 im Bau brauchen oder bei der Sanierung, das muss ich ja messen können.

00:03:19: Florian Pronold: Ich kann es ja behaupten oder ich kann es messen und EPDs sind die Grundlage dafür, da man es auch überprüfen kann, da man es messen kann. Und das Wichtige ist, dass das ja keine Information ist, die jetzt für Verbraucher so wichtig ist, weil so eine EPD 15, 18 Seiten hat und da stehen ein Haufen Begrifflichkeiten, Fachchinesisch und alles Mögliche drin, was für den Endkunden nicht interessant ist.

00:03:49: Florian Pronold: Aber für diejenigen, die Ökobilanzen machen für ein Gebäude, ist es der Schlüssel, um Wahrheit und Klarheit zum Schluss im Ergebnis zu haben.

00:03:57: Sandra: Wofür sind denn diese Ökobilanzen gut? Das klingt natürlich erstmal positiv. Was ist der Zweck davon?

00:04:04: Florian Pronold: Also man kann sich die Welt einfach erklären oder ein bisschen komplexer und dann dahinter schauen. Und mit EPDs kann man ein bisschen mehr dahinter schauen und überprüfen, ob es wirklich sinnvoll ist, ein Gebäude so zu bauen oder so zu bauen oder ob man es saniert oder ob man es abreißt und und und. Weil, wir haben in einer EPD für ein Bauprodukt alle Umweltauswirkungen.

00:04:30: Florian Pronold: Also wir können daraus ablesen den Wasserverbrauch. Wir können daraus ablesen die Auswirkungen auf Biodiversität. Wir können daraus ablesen den CO2-Fußabdruck und verschiedene andere Dinge. Und jetzt kann ich dann zum Schluss, wenn ich ein Gebäude geplant habe, kann ich sagen: Hey, ich nehme den Ziegelstein A oder ich nehme den Ziegelstein B. Ich kann auch ausrechnen, mithilfe von EPDs und Ökobilanzen: Macht es nun Sinn, ein bestehendes altes Gebäude abzureißen und es mit ökologischen Materialien neu aufzubauen oder steckt so viel graue Energie, also schon CO2, das verbraucht worden ist, in einem Gebäude, dass es vielleicht doch sinnvoller ist, das im Rohbau auf alle Fälle stehen zu lassen.

00:05:17: Sandra: Das heißt, die EPDs sind in erster Linie für die Fachplaner gedacht und zum Beispiel auch Architekten. Oder welche Menschen arbeiten damit?

00:05:24: Florian Pronold: Ja, das planen diejenigen, die Gebäude planen damit und die die Bilanzen erstellen für diese Gebäude. Also es ist Gott sei Dank so, dass immer mehr Gebäude auch Anforderungen unterliegen. Und wenn man das europäisch auch anschaut, in immer mehr Ländern gibt es verpflichtende Gebäudeausweise, wird Mindestverbrauch von CO2 zum Beispiel vorgeschrieben und und und. Und all dieses kann man mit EPDs eben drittgeprüft und greenwashing-resistent belegen und nachweisen und deswegen spielen EPDs eine bedeutende Rolle in der Weltrettung.

00:06:00: Florian Pronold: Auch wenn man das nicht auf den ersten Blick sieht, weil es doch wie im Beipackzettel von dem Medikament auch eher unverständlich und unleserlich ist. Aber ich muss ja zum Schluss beurteilen können: “Was mache ich eigentlich? Was kommt im Ergebnis raus und mit welchem Produkt kann ich ein Ergebnis besser erzielen und mit welchen weniger gut?” Und das sieht man noch nicht im Produkt selber.

00:06:23: Florian Pronold: Ich nehme mal ein abstraktes Beispiel. Also mal angenommen, ich schaue mir ein dreifach-verglastes Fenster an, dann hat ein dreifach-verglastes Fenster, weil ziemlich viel Glas dabei ist, einen hohen Aufwand an Energie und im Regelfall damit auch einen hohen CO2-Fußabdruck. Wenn ich mir nur das Fenster anschaue, hat es eine ziemlich schlechte Ökobilanz in Hinblick auf CO2. Es stellt sich erst im Gebäude heraus, ob das sinnvoll ist, ein dreifach-verglastes Fenster einzubauen.

00:06:54: Florian Pronold: Weil wenn ich durch das dreifach-verglaste Fenster über die nächsten 20 Jahre viel mehr Tonnen CO2 einspare, als ich für das Fenster aufwende, dann macht es Sinn. Wenn hingegen rauskommt, dass auch mit dem dreifach-verglasten Fenster die CO2-Bilanz des Gebäudes negativ ist und dass es vielleicht klüger wäre, zweifach-verglaste Fenster zu nehmen und lieber noch mehr in die Art und Weise der Heizung des Gebäudes zu investieren, um CO2-freundlicher zu werden, kann man das auch daraus ablesen.

00:07:26: Florian Pronold: Und diese Kalkulationen, dass die jemand machen kann, ein Architekt und Planer, oder dass zum Schluss die Ökobilanzierer das sauber und widerspruchsfrei bewerten können, das ist die Grundlage, die bei EPDs gegeben sind.

00:07:40: Sandra: Wie genau können denn die Fachplaner oder die Architekten, Architektinnen mit den EPDs arbeiten?

00:07:46: Florian Pronold: Und damit hat man alle Informationen als einen Datensatz und kann damit beliebig jonglieren und kann sich ausrechnen: “Wenn ich die gleiche Wand in Holz baue, wenn ich sie mit dem Beton mache oder wenn ich sie mit dem Ziegel mache, was kommt denn dann als Ergebnis raus?”

00:08:28: Sandra: Viele Unternehmen wünschen sich ja auch Bürokratieabbau. Jetzt, wenn du davon sprichst, wie umfangreich diese EPDs sind, frage ich mich, ob das am Ende nicht auch für noch mehr Papierkram sorgt, der vielleicht auch manche Unternehmen überfordert.

00:08:46: Florian Pronold: Ja und nein. Also das gehört zur Ehrlichkeit mit dazu, dass wir, wenn wir ökologische Daten über den gesamten Lebenszyklus wollen und wenn wir wirkliche Vergleichbarkeit wollen und wenn wir Greenwashing ausschließen wollen - dass sich jemand schöner rechnet, als er ist, wie im richtigen Leben auch - dann, glaube ich, muss es sehr gründlich sein und muss sehr tief gehen. Ich glaube, dass wir in der politischen Regulierung viele Anforderungen haben, die unsinnig sind, die überkandidelt sind.

00:09:18: Florian Pronold: Obwohl ich ein großer Fan davon bin, dass man bestimmte Dinge auch vorschreibt und dass man das überprüfen kann, aber die Grundlage für alle Ökobilanzierungen sind diese Bausteine EPD und die müssen vergleichbar sein, die müssen überprüfbar sein, und die müssen über jeden Zweifel erhaben sein. Und da würde ich sagen, macht es Sinn, sie in dieser Komplexität zu erstellen.

00:09:40: Sandra: Welche Vorteile bringen denn EPDs auch abseits der Nachhaltigkeitsziele? Führen Sie zum Beispiel auch zu wirtschaftlichen Vorteilen oder Verbesserungen der Bauqualität?

00:09:49: Florian Pronold: EPD war bis vor kurzem ein Nischenprodukt. Also, wir haben mittlerweile 350 Mitgliedsunternehmen und vor 30 Jahren haben acht angefangen. Und es gibt europaweit eine ganze Menge an Bauprodukten. Aber ich würde sagen, eine individuelle EPD haben nicht mal 1 % davon. Vor kurzem auf der Baumesse war ein Mitgliedsunternehmen von uns da das mit Stolz geschwellter Brust gesagt hat: “Hey, wir haben jetzt zwei Ausschreibungen gewonnen, weil unser Produkt war das einzige, das eine EPD hatte.”

00:10:24: Florian Pronold: Und das heißt, es wird auch ein Marktvorteil, weil immer mehr die sich Nachhaltigkeit verschrieben haben, wollen auch im Bauprozess absichern, dass sie wirklich mit überprüfbaren Materialien bauen. Green Claims Directive ist ein großes Thema für viele Unternehmen, weil die EU zurecht gesagt hat: Wir müssen was tun gegen Greenwashing. Und die Voraussetzung, um nicht gegen die Green Claims Directive zu verstoßen, ist, dass sich drittgeprüfte Informationen in ökologischer Hinsicht habe.

00:10:56: Florian Pronold: Und EPDs erfüllen das zum Beispiel als eine der wichtigen Voraussetzungen. Das heißt, ich bin auch sicherer im Marketing-Auftritt, wenn ich eine gute EPD in der Tasche habe und nicht irgendwie eine zusammengewürfelte Ökobilanz, die mir irgendwer für ein bisschen Geld gemacht hat. Also das sind alles Vorteile von EPDs und der wichtigste Vorteil für alle Bauproduktehersteller. Ich weiß nicht, wie viele den Podcast hören, aber das, was bisher freiwillig mit EPDs gemacht wird, das hat jetzt in der neuen Bauproduktenverordnung einen verpflichtenden Charakter bekommen.

00:11:32: Florian Pronold: Und die nächsten 10, 15 Jahre werden gefühlt 70 % aller Bauprodukte die ökologischen Informationen, die jetzt in EPDs stecken, in ihre Leistungserklärung für ihr Bauprodukt packen müssen.

00:11:48: Sandra: Wir wollen uns jetzt noch mal genauer anschauen, wie der Weg zur Entstehung einer genau aussieht. Kannst du uns etwas detaillierter erläutern, wie so ein Dokument aussieht, also was es alles an Themen beinhaltet, die beachtet werden müssen?

00:12:00: Florian Pronold: Also ich will den Prozess beschreiben. Ich will gerne nochmal darauf eingehen, was auch inhaltlich drin ist. Wir haben folgende Voraussetzungen: Ein Unternehmen geht her und sagt: Ich habe ein bestimmtes Bauprodukt oder ich habe eine Gruppe von Bauprodukten, beispielsweise Dachziegel, und jetzt gibt es die in allen Formen und Farben. Aber die Mischung ist zum Beispiel zu 95 % identisch.

00:12:32: Florian Pronold: Trotzdem weichen sie von der Größe her oder auch von der Zusammensetzung ein Stück weit ab. Jetzt kann man einen Dachziegel nehmen und kann sagen, da mache ich eine EPD. Oder man kann es auch machen, dass man für diese ganze Produktgruppe verschiedene EPDs macht, die aber zu 95 % eben identisch sind. Wie macht man das? Indem das Unternehmen einen Ökobilanzirer beschäftigt, der sich die Prozesse im Unternehmen genau anschaut, der zum Beispiel den Wasserverbrauch misst, der feststellt: Woher kommt der Strom?

00:13:08: Florian Pronold: Ist das im Sommer anders als im Winter? Wie sind die Auswirkungen auf Biodiversität? Sind irgendwelche Stoffe enthalten, die auch in die Umwelt ausgasen können, zum Beispiel und so weiter und so fort. All dieses muss erfasst werden. Dafür gibt es Programmregeln und dann reichen die die fertige Ökobilanz mit Textteil und vor allem mit einem vertraulichen Hintergrundbericht ein. Also in dem vertraulichen Hintergrundbericht sind auch alle Rezepturen, die zum Beispiel ein Unternehmen verwendet, also Geschäftsgeheimnisse…

00:13:44: Florian Pronold: Das sind die Energiemixe, all diese Sachen hinterlegt und wir überprüfen dann mit externen Verifizieren, unabhängigen Sachverständigen, ob das, was der Ökobilanzierer aufgeschrieben hat, nicht nur den Regeln entspricht, sondern auch den Tatsachen und den Fakten. Und dann erst geben wir sozusagen den Stempel drauf und sagen: Das, was jetzt in 37 Punkten in der Tabelle zu Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus nach wissenschaftlichen Kriterien aufgestellt ist: Das stimmt.

00:14:18: Sandra: Das klingt nach einem sehr komplexen und umfangreichen Prozess. Wie lange dauert es denn so durchschnittlich für ein Bauprodukt?

00:14:26: Florian Pronold: “Das kommt drauf an”, sage ich als Jurist. Es hängt davon ab, wie viel Vorarbeiten das Unternehmen bereits bei sich selber gemacht hat, über welche Daten es verfügt, wie viel der Ökobilanzierer erst feststellen muss. Und dann hängt auch davon ab, wie schnell wir, wenn es bei uns eingereicht wird, es verifizieren können. Weil wir sind zurzeit ein bisschen Opfer des Erfolges.

00:15:49: Florian Pronold: Während vor fünf Jahren wir vielleicht 100 EPDs im Jahr verifiziert haben, sind es jetzt die fünffache Menge. Aber die Anzahl der Personen, die das qualifiziert können, ist nicht im selben Maße gestiegen. Wir machen gerade ein Projekt mit dem Fraunhofer Institut, um auch mit KI zu überlegen, wie man Teile dieses Verifizierungsprozesses schneller und besser machen kann und die menschlichen Prüfer quasi unterstützen kann und unsinnige Tätigkeiten wegnimmt.

00:15:18: Florian Pronold: Und wir werden die nächsten Jahre, weil auch über die neue Bauproduktenverordnung noch viel mehr Verifizierungsbedarfs sein wird, werden wir alles unternehmen dafür, um diesen Prozess dann auch zu beschleunigen. Aber zur Wahrheit gehört mit dazu, dass diese beiden Teilprozesse schon durchaus mal ein Jahr oder eineinhalb Jahre dauern können, bis so eine EPD fertig ist.

00:15:40: Sandra: Ein paar Schlaglichter hast uns ja schon gegeben, was du für die Entwicklung der EPD in den kommenden Jahren siehst. Was ist denn deine Vision für Umweltproduktdeklarationen in der Zukunft?

00:16:53: Florian Pronold: Es wird so sein, dass die neue Bauproduktenverordnung 60, 70 % der Bauprodukte in den nächsten 10, 15 Jahren mit den Anforderungen wie an eine EPD versieht. Dort werden wir folgendes machen: Wir werden diese Bauprodukte, die ökologischen Daten dafür in einem Schritt verifizieren, und zwar für die Leistungserklärung nach der Bauproduktenverordnung und gleichzeitig eine EPD daraus erstellen, sodass es nicht ein doppelter oder dreifacher Aufwand für ein Unternehmen ist.

00:16:26: Florian Pronold: Dann wird es 30 % der Bauprodukte geben, das ist eine gegriffene Zahl… es können 25, können 45 sein, weiß ich nicht genau, wird sich zeigen… die nicht unter den Geltungsbereich der Bauproduktenverordnung fallen, die aber trotzdem solche drittgeprüften ökologischen Daten brauchen, weil sie in den digitalen Produktpass müssen, weil sie anderweitig diese Nachweise brauchen. Um die Frage nach der Zukunft zu beantworten: Ich bin mir sicher, dass der Bedarf an drittgeprüften, verlässlichen ökologischen Daten für Bauprodukte deutlich ansteigen wird.

00:17:03: Sandra: Ja, vielen Dank. Das klingt nach einer tollen Zukunft, auf die ich mich freue. Vielen Dank für das sehr interessante Gespräch.

00:17:10: Florian Pronold: Gerne.

00:17:16: Sandra: Ich spreche jetzt mit Michael Scharpf. Er ist Head of Sustainable Construction bei Holcim und er wird uns heute einen tiefen Einblick in die Entwicklung der EPD bei Holcim und vor allem den Prozess der Automatisierung dahinter geben. Das ist ein sehr innovativer Prozess, weshalb ich mich sehr auf das Interview freue. Hallo Michael.

00:17:37: Michael Scharpf: Hallo Sandra. Schön, dass ich da sein darf.

00:17:40: Sandra: Welche Rollen spielen denn EPDs für euch als Baustoffhersteller?

00:17:43: Michael Scharpf: Wir sind ein Baustoffhersteller aus dem mineralischen Bereich. Das heißt, wir stellen Zementbetone her und das sind CO2-intensive Materialien. Und das wiederum heißt, dass wir einfach da bestimmte Aufgaben haben, diese Materialien auch zu dekarbonisieren, zu reduzieren. Und das kriegst du jetzt, um deine Frage dann zu beantworten, Das kriegst du nur hin mit einer gnadenlosen Transparenz. Und das ist das, was EPDs uns leisten.

00:18:07: Sandra: Für welche eurer Produkte stellt ihr EPDs bereit?

00:18:10: Michael Scharpf: Für praktisch alle, also für alle Zemente. Das ist unser CO2-intensivstes Produktportfolio. Dann für alle Betone, da sind wir werksgenau. Da können wir für jeden Beton aus jedem Werk EPDs Umweltproduktdeklarationen erstellen. Und wir machen das auf einem etwas generischen Level für Gesteinskörnung. Da machen wir es noch mit Selbstdeklaration, mit Berechnungen. Da sind wir noch nicht den Schritt zu kompletten EPDs gegangen. Die sind von der gesamten CO2-Bedeutung einfach weit hinter Zement und Beton.

00:18:42: Sandra: Welche strategische Bedeutung hat denn ökologische Nachhaltigkeit für Holcim?

00:18:46: Michael Scharpf: Die CO2 Optimierung, gerade in unserem Geschäft, ist eine der entscheidenden Hebel, um auch unsere Produkte als nachhaltige Produkte vermarkten zu können. Und dafür ist natürlich in der ersten Linie die CO2-Optimierung das Eigentliche, was unsere Aufgabe ist. Aber dann in der zweiten sofort dann auch die Darstellung, der Beweis sozusagen dazu.

00:19:08: Sandra: Habt ihr, seitdem ihr die EPDs anbietet, schon feststellen können, dass es eine veränderte Nachfrage vonseiten der Kunden gibt und vielleicht eine veränderte Auswahl eurer Baustoffe?

00:19:19: Michael Scharpf: Ja, also wir sehen eine deutlich zunehmende Nachfrage nach CO2-optimierten Betonen, das ist im ersten Zug. Da gibt es auch, da ist Deutschland relativ einzigartig, da gibt es in Deutschland ein relativ gut etabliertes System, gerade im Betonbereich CO2-Optimierung zu klassifizieren, also sprich in Ausschreibungen zu bringen. Und dann im Kielwasser von dieser Entwicklung kommen dann auch die EPDs.

00:19:44: Michael Scharpf: Der Nachweis dafür ist noch teilweise auch durch Eigendeklaration möglich, aber das wird über kurz oder lang dann über EPDs erfolgen.

00:19:52: Sandra: Wann habt ihr denn das Projekt EPDs gestartet? Vielleicht kannst du uns einen Abriss geben... Also wann habt ihr angefangen EPDs aufzunehmen und wie seid ihr auch dann Richtung automatisierte Prozesse gegangen?

00:19:07: Michael Scharpf: Na ja, das fing an, als wir unsere ersten CO2-optimierten Produkte entwickelt haben. Erst im Zementbereich und danach dann sehr schnell auch hatten wir CO2-optimierte Betone in unserem Portfolio. Die haben wir ECOPact genannt und dann sind wir mit selbstgemachten CO2-Berechnungen, also haben wir wirklich im Excel-Tool zwar nach dieser gültigen Norm, nach der man EPDs berechnen muss, aber selbst gerechnet.

00:20:30: Michael Scharpf: Und so sind wir losgezogen auf Kunden und haben dann relativ schnell in diesen Gesprächen und auch dann wirklich in Verkaufsprozessen festgestellt, dass wir da ein Glaubwürdigkeitsproblem haben: Haben wir die richtigen Werte eingegeben. Haben wir richtig gerechnet? Konnten wir das überhaupt? Und so weiter. Und dann haben wir gemerkt, wir brauchen da eine andere Stufe der Glaubwürdigkeit, der Transparenz und das sind dann eben die EPDs geworden. So, das war der erste Schritt. EPDs gibt es ja schon sehr lange und bisher war “EPDs machen” ein sehr statischer Prozess.

00:21:00: Michael Scharpf: Das heißt, du hast dir deinen eigenen und deine unternehmerischen Prozesse angeschaut oder deine Produktionsprozesse. Dann hast du die modelliert, in einem Tool, dann hast du die Eingangsparameter in dieses Modell reingegeben und am Schluss hast du Ausgangsparameter, das hat sich dann EPD genannt, bekommen. Das kannst du für Produkte, die in großen Massen seriell hergestellt werden, vielleicht heute noch machen.

00:21:27: Michael Scharpf: Für jemanden, der ein so diverses Produkt wie Beton herstellt, also ein Produkt, was jeden Tag anders spezifiziert und auch hergestellt wird. Unsere Mischmeister drehen ständig an den Schrauben, wie sie diese Rezepturen machen. Unsere Laborleiter kommen ständig mit anderen Rezepturen oder wir haben auch neue Materialien. Wenn du das in diesem statischen Modell machen würdest, wärst du verloren.

00:21:49: Michael Scharpf: Von Anfang an war uns klar: Das kriegen wir nur hin, wenn wir auch ein digitales Tool dafür aufsetzen. Und das haben wir dann, nachdem wir uns den Markt angeschaut haben, nachdem wir uns auch mit den Rahmenbedingungen in Deutschland auseinandergesetzt haben, haben sie uns dann für Climate Earth entschieden. Das ist ein Anbieter aus den USA, der auch in den USA schon sehr viele Beton-EPDs gemacht hat, die sich auf diesen Bereich mineralische Baustoffe, Zement, Beton auch spezialisiert haben, und haben mit denen dann in Deutschland, das ist insgesamt ein europäisches Projekt gewesen der Holcim Gruppe, die Modelle aufgesetzt und zwar so, dass wir sie digital füttern können mit Daten und eben auch digital betreiben können.

00:22:27: Michael Scharpf: Dass wir für jede Rezeptur jederzeit eine EPD machen können. Und das hat dann nur funktioniert in der engen Zusammenarbeit mit dem Institut für Bauen und Umwelt. Denn die Herausforderung bei der EPD ist ja nicht so sehr die Modellierung und das Rechnen, sondern am Schluss dann auch eine automatisierte Prüfung, Verifizierung… Also das, was der Florian und sein Team machen… dass wir ein Tool haben, was nahtlos die Dateneingabe, die Datenverarbeitung und eben auch die Validierung und Prüfung der Daten in ein Tool, was dann vom IBU als gesamtes Tool verifiziert worden ist, leistet.

00:23:00: Michael Scharpf: Das war die Herausforderung und das war dann auch, dass dicke Bretter das wir bohren mussten.

00:23:04: Sandra: Wie umfangreich ist denn das Erstellen von einer EPD auch an eurem Beispiel einer Beton-EPD? Wie viel Zeit ist da vielleicht früher vor dem automatisierten Prozess reingegangen? Und könnt ihr abschätzen, wie sich das Ganze verkürzt hat?

00:23:18: Michael Scharpf: Na ja, wenn du “Old School” eine EPD aufgesetzt hast, dann war das ein Prozess, der Minimum ein halbes Jahr gedauert hat. Also wenn du völlig aus dem Nichts angefangen hast. Wenn du das vielleicht schon einmal gemacht hast, dann verkürzt sich das vielleicht auf ein Vierteljahr. Aber das heißt ja immer, du musst deine Daten wieder neu generieren. Vielleicht kannst du das Modell, wenn du es einmal gemacht hast, wiederverwenden und dann musst du vor allen Dingen einen Termin beim IBU finden, um auch die Verifizierung zu bekommen.

00:23:44: Michael Scharpf: Also ein halbes Jahr ist nichts beim historischen Wert oder bei dem bisher üblichen Weg, eine EPD zu produzieren. Und jetzt hat sich das verkürzt auf 10 bis 15 Minuten.

00:23:58: Sandra: Also das ist wirklich sehr beeindruckend. Also man spricht ja oft im Rahmen der Digitalisierung von Zeitgewinn, Effizienzgewinn. Und oft sagt man dann, keine Ahnung, wir haben, wenn man es einschätzen kann, 5 bis 10 % gespart. Und wenn ihr hier von vor einem halben Jahr auf 10, 15 Minuten runterkommt, ist natürlich Wahnsinn.

00:24:14: Michael Scharpf: Das das löst ja was aus. Also das ist ja dann nicht der Zeitgewinn an sich, sondern das heißt, du hast ein völlig anderes Instrument, mit dem du im Dialog mit Kunden dann auch arbeiten kannst. Also dann, dann kann ja endlich auch dieser iterative Verbesserungsprozess stattfinden, dass wir… Ein Kunde schreibt einen bestimmten Beton aus, das wird üblicherweise nach technischen Spezifikationen… Also Beton hat eine Druckfestigkeit, hat eine sogenannte Expositionsklasse, also Widerstandsfähigkeit gegen bestimmte Einwirkungen und so weiter.

00:24:44: Michael Scharpf: Das schreibt ein Kunde aus und dann kommen wir zurück und sagen das ist der Beton, den wir dir anbieten und wir machen da auch ein CO2-Schild. Er bekommt neben dem Preisschild auch noch ein CO2-Schild dazu. Und dann kommt der Kunde vielleicht zurück und sagt: Geht das nicht noch ein bisschen besser? Und dann gehen wir wieder zurück. Dann reden wir mit unserem Laborleiter und schauen, ob wir die Rezeptur optimieren können.

00:25:05: Michael Scharpf: Und dann kommen wir einen Tag oder zwei Tage später mit einer verbesserten Rezeptur oder einer geänderten Rezeptur und können dann spielen mit diesen Werten. Also diese Dynamik löst einfach aus, dass wir viel schlagkräftiger sind. Auch in der Gestaltung solcher Betone.

00:25:21: Sandra: Kannst du uns vielleicht noch ein bisschen durch den Prozess nehmen? Welche Personen, also wir haben ja eben gerade die technische Seite beleuchtet. Welche Personen sind denn bei euch an der Erstellung der EPDs beteiligt?

00:25:31: Michael Scharpf: Im Haus sind das vor allen Dingen die Leute, die auf den Sustainability-Daten sitzen. Also wir haben ja, Holcim hat eine eigene Nachhaltigkeitsberichterstattung, da ziehen wir Daten raus. Dann sind es Leute, die auf den technischen Daten sitzen. Das sind also diejenigen, die ja, zum Beispiel Gebietsleiter oder Laborleiter, Produkttechnologen, die einfach die technische Seite der Betonherstellung oder auch der Zementherstellung verantworten und dann bin es ich, bei dem diese Fäden zusammenlaufen und der dann gleichzeitig mit unserem Innovationszentrum, das auch das Gesamtprojekt EPDs-Erstellung leitet, dann die Datenweitergabe, Datenübergabe an Climate Earth koordiniert.

00:26:07: Michael Scharpf: Und dann gibt es natürlich viele Rundläufe, dann kriegst du Daten zurück oder manchmal musst du Verständnisfragen klären. Also das ist ja nicht ein einmaliger Prozess, sondern das ist ein Prozess, der hin und her läuft oder rund läuft. Und gleichzeitig haben wir uns dazu auch noch eine eigene Software Inhouse entwickelt, die unser Tool, mit dem wir Betonrezepturen managen, direkt verknüpft hat, mit dem Climate Earth, sodass wir nicht händisch in einem Tool was eingeben müssen, sondern dass wir diese Daten uns direkt rausziehen können aus unseren eigenen Systemen.

00:26:47: Michael Scharpf: Und dann, was uns mehr und mehr beschäftigt, sind auch die Weitergabe dieser Daten wiederum in neue Systeme rein. Also wir haben bei Madaster zum Beispiel unsere EPDs in einer digitalen Form hinterlegt. Das heißt über die UIDs unserer EPDs werden die Daten direkt auf die Madaster-Plattform gezogen. Und das gleiche haben wir jetzt auch vor mit dem DGNB Navigator, da ist das leider noch ein händischer Prozess, aber da wollen wir dann auch die Daten dann hinterlegen.

00:27:11: Michael Scharpf: Also der Job, eine EPD zu erstellen, ist ja nicht die Berechnung zu haben und dann fertig zu sein, sondern dann fängt ja die eigentliche Arbeit an. Nämlich dann musst du diese Daten eben auch bekannt machen. Also man musst du auch Planer:innen und Bauschaffenden zeigen, dass sie dann eine ganz andere Ebene der Transparenz haben, als sie das gewohnt waren.

00:27:31: Sandra: Gibt es für euch trotz des sehr optimierten Prozesses mittlerweile noch Herausforderungen bei der Erstellung von EPD?

00:27:37: Michael Scharpf: Ja, das ist die Datengenerierung. Also es ist halt ein sehr, sehr großer Aufwand, diese Vielzahl von Daten zu konsolidieren und dann auch so aufzubereiten, dass wir die an Climate Earth geben können. Und da laufen bei uns gerade Projekte, dass wir das eben auch direkt aus den schon vorhandenen Softwaren ziehen können, dass wir Schnittstellen bauen und das nicht in Google Sheets manuell zusammentragen müssen.

00:28:00: Sandra: Vielleicht jetzt noch mal aus Kundensicht. Welche Faktoren sind denn für eure Kunden entscheidend, damit EPDs Potenziale voll ausschöpfen können? Also was für Inhalte müssen da zum Beispiel unbedingt drin sein? Was ist da besonders relevant?

00:28:14: Michael Scharpf: CO2-Äquivalent. Also die EPD hat ja um die 30 Indikatoren. Wenn du schaust, worauf die Leute schauen, dann ist das vor allen Dingen, der eine Indikator CO2-Äquivalent, obwohl da noch ein paar andere interessante Indikatoren drin sind. Baust du mit einem Beton, baust du mit einem CO2-optimierten Beton? Die Unterschiede zwischen CO2-optimierten Beton und der Standardbauweise sind dramatisch und ohne dieses Tool “Ökobilanzierung” wirst du den Wert, den du mit verschiedenen Produkten und deren CO2-Optimierung, den du dort schaffen kannst, wirst du nicht darstellen können.

00:28:48: Michael Scharpf: Das gilt jetzt in meinem Fall für das Material Beton. Das gilt aber genauso auch für Materialien wie Stahl oder wie Holz oder Wärmedämmung, Glas, Aluminium. Es gibt eine ganze Menge Materialien, die recht großen Einfluss auf die sogenannten grauen Emissionen in einem Gebäude haben. Und man muss als Planer einmal die Benchmarks kennen, also sozusagen die Referenzwerte, und du musst als Planer:in dann eben auch die Möglichkeiten einer Optimierung erkennen, und zwar in der frühen Phase des Entwurfs.

00:29:18: Sandra: Neben dem Thema Schnittstellen, habt ihr noch weitere Themen, an denen ihr in Zukunft arbeiten möchtet?

00:29:25: Michael Scharpf: Ich glaube, in dem Bereich möchte ich jetzt die Prozesse, die wir haben und mit denen wir recht happy sind, zunächst mal weiter streamlinen. Also das heißt, diese ganze Datenkette von Datengenerierung, Tool und dann eben auch: Wohin kommen die Daten? Also, wie kann ich die Daten dann auch zur Verfügung stellen in Madaster, in IBU.data, in ÖKOBAUDAT und so weiter?

00:29:47: Michael Scharpf: Da glaube ich, sollten wir jetzt erst mal einfach diesen Prozess noch besser machen. Und dann muss man natürlich schon auch realisieren, am Schluss ist die EPD ein Tool für mich, um eine Transparenz zu einer eigentlichen Substanz, nämlich das ist CO2-optimierte Baumaterialien, herzustellen. Das heißt, unsere eigentlichen Aufgaben sind ja, Beton und Zement CO2 zu optimieren und da weiter zu machen.

00:30:10: Michael Scharpf: Und da sind wir massiv dran mit Carbon-Capture-Technologien, mit anderen innovativen Technologien, um die Materialien dann einfach weiter runter zu bringen.

00:30:18: Sandra: Glaubst du, dass EPDs in den nächsten Jahren zum Standard werden oder ist es so, dass der Prozess leider, jetzt nicht nur natürlich für euch, sondern wenn du den Markt schaust, für den Großteil der Marktteilnehmer, dass der Prozess noch zu komplex ist und es deswegen zu viele Hürden gibt?

00:30:35: Michael Scharpf: Ne, glaube ich überhaupt nicht. Ich glaube die… Also ja, ich glaube, das wird ein, das wird oder ist eigentlich schon der Standard und wenn irgendetwas messbar ist, dann ist es eben das der Indikator CO2-Äquivalent. Und wenn wir zu einem dieser Indikatoren auch ein erfahrenes, gut im Markt eingeführtes Verfahren haben, dann ist es die EPD, die Umweltproduktdeklaration, nach der EN 15804 und deshalb denke ich, das ist schon da und das wird noch granularer werden.

00:31:04: Michael Scharpf: Also meine Vision ist, dass du in Zukunft viel genauer, viel individueller, viel spezifischer diese Daten abfragen wirst und auch zur Verfügung stellen wirst.

00:31:15: Sandra: Okay, vielen Dank Michael. Das war ein sehr spannendes Gespräch. Ich kann mir vorstellen, dass unsere Zuhörern und Zuhörerinnen nach dem Gespräch mit dir, aber auch mit den Gespräch mit Florian ein sehr gutes Verständnis dafür bekommen haben, welche Bedeutung EPDs tatsächlich schon haben und wie wichtig sie auch in Zukunft weiterhin sein werden, um den Weg zur CO2-Neutralität unserer Gebäude weiter zu gehen. Ja, vielen Dank. Hat mich sehr gefreut.

00:31:45: Wulf: Sandra, nach den Gesprächen möchte ich uns und unseren Hörerinnen und Hörern jetzt noch einmal die Leitfrage dieser Folge in Erinnerung rufen. Können Environmental Product Declarations, kurz EPDs, durch Transparenz und Vergleichbarkeit die Nachhaltigkeit im Baugewerbe vorantreiben? Mit welchem Urteil gehst du denn jetzt aus der Folge heraus?

00:32:03: Sandra: Ich würde sagen, auf jeden Fall ja. EPDs die sind zunächst ein scheinbar sehr trockenes Thema. Das ging auch mir so. Aber man konnte im Gespräch mit unseren Gästen die enorme Wichtigkeit von EPDs für Nachhaltigkeit in der Baubranche feststellen. Denn sie liefern die Basis für zum Beispiel Ökobilanzierung von Gebäuden oder auch die Dekarbonisierung von Bauprodukten. Und wie einer unserer Gäste gesagt hat: EPDs die bieten eine radikale Transparenz. Das heißt, sie sind drittgeprüft, sie sind greenwashing resistent und sie machen Prozesse vergleichbar.

00:32:33: Wulf: Und was ist denn aus deiner Sicht die größte Herausforderung für die Erstellung und Einführung von EPDs?

00:32:38: Sandra: Das ist auf jeden Fall der sehr, sehr hohe Aufwand. Wir konnten sehen: Es sind sehr viele verschiedene Personen am Prozess beteiligt, auch unterschiedliche Unternehmen. Dadurch entstehen wirklich lange Prozesse, lange Prozessketten und viele Daten müssen zusammengesucht werden. Aber das Beispiel Holcim zeigt uns auch, dass es möglich ist, diese Probleme in den Griff zu bekommen. Sie haben es geschafft, durch ein Automatisierungsprojekt den langen Prozess von ehemals einem halben Jahr auf 15 Minuten zu verkürzen, was natürlich der absolute Wahnsinn ist.

00:33:07: Wulf: Ja, das klingt auch für mich nach einer wirklichen Prozessinnovation, mit der ja die größte Herausforderung, die du genannt hast, von EPDs direkt adressiert wird. Jetzt ist Holcim natürlich ein internationaler Großkonzern. Der hat auch die Mittel, bei so einem Thema eine Führungsposition einzunehmen. Ich frage mich dann aber gleichzeitig: Wie sieht es mit den vielen kleinen und mittelgroßen Unternehmen in der Baubranche aus?

00:33:28: Wulf: Lohnen sich EPDs auch für Sie?

00:33:30: Sandra: Ich würde sagen ja. Sie sollten sich auf jeden Fall dem Thema annähern, denn wir konnten sehen: EPDs die werden zunehmend marktrelevant. Wir können sehen: der Markt, der dreht sich langsam, aber zunehmend in Richtung Nachhaltigkeit. Und EPDs tauchen zum Beispiel in Ausschreibungen auf. Sie sind aber auch marketingrelevant. Das heißt, sie sind im Grunde die einzige Möglichkeit, die Claims der Materialhersteller und Bauzulieferer zum Thema Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu untermauern.

00:33:55: Wulf: Ja, vielen Dank Sandra, an dich und unsere Gäste für den spannenden Einblick in ein Feld, was mir tatsächlich neu war. Und vielen Dank auch an unsere Hörerinnen und Hörer fürs Zuhören. Wir freuen uns, wenn ihr uns ein Like auf den üblichen Podcast Plattformen da lasst und wir freuen uns natürlich über euer Feedback zu diesem spannenden Thema unter podcast@z-lab.com.

00:34:05: Wulf: Bis zum nächsten Mal. Tschüss!

00:34:06: Sandra: Tschüss auch von mir.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.