KI übernimmt die Baudokumentation im Havelufer Quartier
Shownotes
Probiert ihr auch gerne die neuesten KI-Tools aus? Uns hat das Thema total gefesselt, und das zu Recht. Der KI-Boom scheint in der Baubranche vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und stagnierender Produktivität der rettende Ritter zu sein. Bau-Startups schießen mit ihren KI-Lösungen wie Pilze aus dem Boden. Eine der vielversprechenden Lösungen kommt von Constantin Kauffmann und seinem Startup oculai. Ihre Software nutzt Kameras und KI, um den Baufortschritt autonom zu dokumentieren – eine sonst zeitaufwändige und lästige Aufgabe, wie Bauleiterin Sarah Gitschel (unleash) und Projektleiter Dustin Kupke (unleash) bestätigen.
Auf der Baustelle “Havelufer Quartier” im Berliner Westen sind diese Kameras im Einsatz. Im Turmdrehkran verbaut, haben sie einen 360-Grad-Blick und dokumentieren so den Baufortschritt des entstehenden Wohnkomplexes. Unsere Moderatorin Sandra May ist vor Ort und stellt den dreien die Frage: Ist KI als smarte Protokollführerin die Zukunft der Baudokumentation?
Hier findet ihr Infos zu uns und dem Z LAB.
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00:00:00: Sandra: Hallo und herzlich Willkommen zu Baustelle Zukunft, dem Podcast über die Digitalisierung und Innovation in der Baubranche vom Zeppelin LAB. Wir sind eure Moderator:innen: Ich bin Sandra May, Open Innovation Lead,
00:00:21: Wulf: und ich bin Wulf Bickenbach, Geschäftsführer des Z LABs. Hallo, auch von mir. Wir besuchen für euch Baustellen und sprechen dort mit den Baubeteiligten. Denn wir möchten innovative Produkte und Startups kennenlernen und euch diese vorstellen. Sandra, was hast du denn heute für ein Thema mitgebracht?
00:00:37: Sandra: Wulf, ich war zu Besuch in einer der größten Wohnungsbaubaustellen Berlins und zwar im Havelufer Quartier. Das befindet sich im Norden von Berlin-Spandau und liegt direkt an der Havel. Das ist ein sehr großes Projekt, das sich auf 19 Baufelder verteilt, die teilweise schon sehr weit vorangeschritten sind. Man kann sich vorstellen, der Großteil der Gebäude ist zwar noch eingerüstet, aber der Innenausbau ist schon ziemlich weit vorangeschritten. Und hier finden tatsächlich sehr viele Berliner:innen in Zukunft ein neues Zuhause, denn hier werden gerade über 1700 Wohnungen gebaut.
00:01:07: Wulf: Okay, das ist wirklich ein großes Projekt. Da ist natürlich der Koordinations- und Managementaufwand riesig. Was waren denn die Herausforderungen im Havelufer Quartier in diesem Sinne?
00:01:18: Sandra: Genau, das kann man sich wahrscheinlich gut vorstellen: Bauleiter:innen und Projektmanager:innen, die haben einen sehr komplexen Arbeitsalltag. Die müssen generell schauen, was auf der Baustelle passiert und müssen viele Firmen, Personen verwalten, führen, managen. Und wenn die dann noch Berichte schreiben müssen, zum Beispiel Soll-Ist-Vergleiche machen müssen, Bautagesberichte schreiben müssen, ist es teilweise recht schwer, dem noch hinterher zu kommen.
00:01:42: Wulf: Jetzt gibt es natürlich schon eine ganze Reihe an digitalen Tools auf Baustellen, also Software, die eingesetzt werden, um diese Koordination des Managements zu erleichtern und dem Projektmanager:innen und Bauleiter:innen beim Schreiben der Berichte oder Protokolle unter die Arme zu greifen. Wie war es denn im Havelufer Quartier?
00:02:01: Sandra: Genau, da wurde auch ein Tool dieser Art eingesetzt, und zwar eins, das schon Künstliche Intelligenz nutzt. Deswegen sind wir da auch hingefahren und wollten uns das mal anschauen. Denn wir haben uns gefragt: Ist denn künstliche Intelligenz die smarte Protokollführerin der Zukunft in der Baudokumentation?
00:02:16: Wulf: Das hört sich nach einer spannenden Frage an, der du da nachgegangen bist. Und mit wem hast du das denn besprochen?
00:02:21: Sandra: Ich habe im Havelufer Quartier zum einen Dustin Kupke und Sarah Gitschel getroffen. Die beiden sind oder waren am Bau beteiligt und ich habe mit Constantin Kauffmann gesprochen. Er ist Gründer des Startups oculai. Gemeinsam haben sie oculai eingesetzt für die KI-gestützte Baudokumentation im Rohbau des Havelufer Quartiers. Ich nehme euch jetzt mit auf die Baustelle und wir hören mal in die Gespräche rein.
00:02:50: Sandra: Hallo Dustin, hallo Sarah, schön, dass ihr heute mit uns sprecht und uns ein bisschen über das Havelufer Quartier führt. Könnt ihr euch kurz unseren Gästen vorstellen? Was sind eure Aufgaben im Bauprojekt? In welchem Rahmen seid ihr hier beteiligt?
00:03:04: Dustin Kupke: Schönen guten Tag, mein Name ist Dustin Kupke. Ich bin Projektleiter bei der ZECH Bau SE und für die Abwicklung eines Teilabschnittes mit ungefähr 600 Mietwohnungen zuständig.
00:03:15: Sarah Gitschel: Genau und ich bin Sarah Gitschel und auch bei der ZECH Bau SE als Bauleiterin zu dem Zeitpunkt tätig gewesen.
00:03:21: Sandra: Dustin, kannst du uns ein bisschen das Projekt Havelufer Quartier näher vorstellen? Was ist das Besondere hier?
00:03:27: Dustin Kupke: Das Projekt Havelufer Quartier wurde vor geraumer Zeit, so ungefähr 2019, von einem Projektentwickler gekauft. Mit der Vision, hier ein urbanes, lebendiges Wohnungsprojekt zu schaffen, das nicht nur technologisch auf dem neuesten Stand ist, sondern auch das ganze Thema “Wohnen Leben Plus” in so einem Projekt, in so einem Quartier, in einem ganzen kleinen Stadtteil, der hier entsteht, zu vereinen.
00:03:52: Sandra: Ok, sehr spannend. Sarah, Du bist ja als Bauleiterin auch an diesen komplexen Aufgaben mitbeteiligt gewesen und Baudokumentation ist eine sehr zentrale Aufgabe unter anderen von Dir. Und dazu gehört es ja auch, die Bautagesberichte zu schreiben. Wenn ich es richtig verstanden habe, teilweise täglich oder wöchentlich. Kannst du unseren Zuhörer:innen erklären, was genau du da machen musstest und wie?
00:04:16: Sarah Gitschel: Genau, also vielleicht fange ich mal so an: Unser Projekt war ein einzelnes Haus, das wir ein bisschen früher starten sollten, weil es einfach ganz gut reingepasst hat vom Abschnitt. Wir hatten aber zu dem Zeitpunkt keinen Polier. Normalerweise ist Bautagebuch-Schreiben die Aufgabe von einem Polier. Somit war das ebenfalls noch die Aufgabe von mir als Bauleiterin und entsprechend einfach mehr Zeitaufwand, weil man muss sich eigentlich jeden Tag hinsetzen, aufschreiben, gerade im Rohbau.
00:04:40: Sandra: Eine andere Dokumentationsform ist ja der Soll-Ist-Vergleich. Vielleicht könnt ihr das auch noch mal kurz erklären. So wie ich das verstehe, ist das ja eine sehr, sehr zentrale Aufgabe. Man muss feststellen, wo steht das Projekt aktuell? Was ist der Plan? Dustin, wie habt ihr das in dem Projekt gemacht?
00:05:13: Dustin Kupke: Soll-Ist-Vergleiche ist natürlich ein ganz, ganz zentrales Werkzeug, um im Prinzip ein Projekt in dieser Größenordnung gerade in den drei Hauptfaktoren Termin, Kosten und Qualitäten zu bestimmen oder zu messen. Und der Soll-Ist-Vergleich ist, wie es eigentlich schon der Name sagt, in diesem Fall, eine terminliche Auseinandersetzung mit dem tatsächlichen Terminstand auf der Baustelle, abgeglichen mit dem prognostizierten Terminstand.
00:05:39: Dustin Kupke: Und für mich als Projektleiter ist es halt das wesentliche zentrale Instrument, um für ein Projekt in dieser Größenordnung mit diesen unglaublich vielen Facetten und gerade mit der Komplexität des Rohbaus, einfach einen genauen Informationsstand zu erhalten, mit dem wir in die Lage versetzt werden, entsprechend agieren oder reagieren zu können. Für mich als Projektleiter ist es natürlich auch die Aufgabe, den Bauherren, der im Prinzip sein Geld uns zur Verfügung stellt...
00:06:08: Dustin Kupke: ein Bauunternehmen handelt ja im Prinzip ähnlich wie ein Treuhänder mit dem Vermögen eines Anderen. Da müssen wir natürlich auch entsprechende Nachweise führen und dokumentieren, was wir auch alles damit machen.
00:06:18: Sandra: Wir wissen ja, ihr habt oculai später eingesetzt im Projekt. Wie habt ihr das Ganze gemacht, bevor ihr die Softwarelösung nutzen konntet?
00:06:25: Dustin Kupke: Also, beispielhaft bei einem anderen vorläufigen Projekt war das tatsächlich so, dass dann ein junger Bauleiter - das war dann in diesem Fall zum Beispiel ich - auserkoren wurde und dann im Prinzip mit einem Stück Papier in der Hand bewaffnet wurde, in der der Soll-Terminplan abgebildet ist, durch den kompletten Rohbau geschickt oder gejagt wurde und dann mit einem bunten Filzer, den Ist-Zustand eingetragen hat. Damit man damit den Leistungsstand draußen erfasst hat. So habe ich es im Prinzip in meinem ersten Leben gemacht.
00:06:54: Sandra: Ja. Also, man kann sich das Grunde wie so ein Projektplan, wie so ein Gant-Chart vorstellen. Das habt ihr ausgedruckt und damit seid ihr dann unterwegs draußen und macht euch Notizen. Geht dann zurück, wahrscheinlich, an den PC und überführt dann das, was ihr notiert habt in den Rechner.
00:07:10: Dustin Kupke: Genau, genauso haben wir es gemacht.
00:07:11: Sarah Gitschel: Oder der Oberbauleiter läuft halt rum zu jedem Bauleiter und fragt: “Wie weit bist du, wie weit bist du?” Und dann ist das natürlich auch nicht so genau. Also weil es ist immer so ein persönliches Empfinden.
00:07:22: Sandra: Ja, ist klar. Und je nachdem, was heute so passiert ist, hat das wahrscheinlich Einfluss auf die aktuellen Berichte. Bei dem Bautagesbericht wahrscheinlich ein ähnliches Vorgehen, oder?
00:07:31: Sarah Gitschel: Genau. Ja, meistens schafft man es dann doch erst am Ende der Woche, sich mal hinzusetzen. Oder man schreibt die von seinem Namenunternehmer ab und tippt sie einfach nur ab und hofft, dass der das richtig gemacht hat oder kontrolliert sie vielleicht noch. Also es ist meistens nicht sehr genau und vor allem, man braucht sie ja theoretisch nur dann, wenn was schief läuft und man einen Nachtrag oder irgendwas in die Richtung braucht. Das heißt, man ist da jetzt nicht ganz so hinterher, weil man noch nicht ganz den Output daraus erkennt, wenn man kein Problem mit seinen Bauherren hat.
00:08:00: Sandra: Ja, und das ist wahrscheinlich auch eine der Herausforderung, dass, wenn man sie dann im Nachgang braucht, eventuell zu wenig dokumentiert hat oder vielleicht aus seinen Notizen nicht mehr schlau wird, kann ich mir vorstellen.
00:08:10: Sarah Gitschel: Genau. Also man macht es dann in einer Excel. Also so haben wir es die ganze Zeit gemacht. Ja, es ist halt einfach sehr viel Aufwand und das noch nebenbei zu stemmen ist halt manchmal nicht ganz so einfach.
00:08:19: Sandra: Könnt ihr einschätzen, das Thema Baudokumentation, wie viel Zeitaufwand das so im Vergleich zu euren sonstigen Aufgaben ist.
00:08:26: Sarah Gitschel: Also an sich ist es nicht viel, ist halt einfach einmal am Tag wirklich sich da konzentriert dranzusetzen.
00:08:31: Sarah Gitschel: Aber meistens hat man so viel anderes zu tun, dass man es halt nicht macht. Und dann kommt der Aufwand irgendwann gesammelt. Dann setzt man einen Studenten dran, den man gerade hat und sagt: Ja, komm schreib es mal ab oder guck jetzt mal rein." Also es ist tatsächlich einfach auch eine kleine Willensfrage, würde ich sagen. So wie wenn man jeden Morgen aufsteht und die Zähne putzt,
00:08:48: Sarah Gitschel: so müsste man halt auch das Bautagebuch machen. Viele ältere Poliere machen das auch tatsächlich so, aber gerade wenn man jung auf die Baustelle kommt, ist das manchmal nicht ganz, ganz das Wichtigste am Tag, sondern da muss die Rechnung geprüft werden, oder, ja, der Soll-Ist-Vergleich, wo der Bauherr schreit.
00:09:05: Sandra: Wahrscheinlich muss man da auch mal Erlebnisse gehabt haben, wo man im Nachgang festgestellt hat, es wäre wichtig gewesen, das zu dokumentieren.
00:09:10: Sarah Gitschel: Genau. Also man lernt es im Studium und man weiß, dass es wichtig ist. Aber man lernt auch schon als Student: "Ja, schreibt es vom Nachunternehmer ab und das passt schon und das reicht auch erstmal als Dokumentation."
00:09:20: Sandra: Kannst du uns ein Beispiel nennen aus deiner Erfahrung, Sarah, wo du dir im Nachgang gedacht hast: "Hätte ich es mal ein bisschen besser dokumentiert... Das wäre jetzt sehr hilfreich gewesen."?
00:09:30: Sarah Gitschel: Also, tatsächlich war ich relativ hinterher, muss ich sagen.
00:09:33: Sarah Gitschel Aber es gab auch schon Zeiten, aber das war dann eher als wir oculai genutzt haben, wo ich dann wirklich noch mal auf der Kamera geguckt habe: "Wie war das denn jetzt noch mal, haben die das wirklich schon dann in die Bewährung eingebaut?" Und vor allem auch: "Haben sie jetzt das an Bewährung eingebaut vor der Betonage usw." Also es sind ja mehrere Dinge, die dokumentiert werden, auch für Abnahmen.
00:09:50: Dustin Kupke: Und vielleicht noch mal eine kleine Geschichte aus meinem früheren Leben. Ich hatte tatsächlich, das ist noch gar nicht allzu lange her, auch die Situation gehabt, dass ein Projekt, das ist 2017 fertiggestellt worden, da gab es im Untergeschoss einer Tiefgarage plötzlich ein Thema im Betonieren. Zumindest war das anfangs die Vermutung. Und da habe ich das allererste Mal im Prinzip ganz alten Bautagesbericht aus dem Jahre 2015 auch heraus gegraben und hatte tatsächlich auch die Information gefunden, die ich dann gebraucht habe, um diesen Fall weiter zu bearbeiten.
00:10:21: Dustin Kupke: Aber es war bis dato für mich in den letzten sieben, acht Jahren der einzige Fall, wo ich wirklich dort mal auf dieses System zugreifen musste.
00:10:28: Sandra: Wir haben es gerade gesehen, wir sind hier an so zwei Kameras vorbeigelaufen. Sarah, der Einsatz von Kameras auf Baustellen, gehört das mittlerweile zum Standard und was ist der Zweck davon?
00:10:38: Sarah Gitschel: Also ganz oft werden Kameras genutzt... Ähm, wir warten mal ab, das der Bagger vorbeikommt. Und zwar ganz oft werden Kameras genutzt und genauso wie jetzt die hier, so als Überwachungsobjekt.
00:10:50: Sarah Gitschel: Wenn Diebstahl passiert, dass da einfach überwacht werden kann, dafür werden die Kameras ganz oft genutzt. Oder halt so eine Webcams, damit der Bauherr mal ein-, zweimal am Tag ein Bild hat, wie der Fortschritt ist. Aber so eine komplette Live-Überwachung gibt es eher selten und ist noch nicht so etabliert, tatsächlich. Und diese Watch-Towers, wie man sie nennt, sind tatsächlich auch nur Alarmanlagen quasi für die Baustelle, die auch nur dann aufnehmen, wenn was anschlägt, wenn der aktiv sein muss. Das heißt, im Tagesgeschäft passiert nichts.
00:11:20: Sandra: Wir haben es jetzt schon an ein paar Stellen erwähnt. Ihr habt euch dann für die Einführung der Software oculai entschieden. Dustin, kannst du uns erklären: Wie habt ihr die Gründer von oculai kennengelernt? Wie kam es dazu, dass er die Software ausprobiert habt?:
00:11:34: Dustin Kupke: Das war tatsächlich ein Kontakt über einem ehemaligen Gast bei euch im Podcast und zwar von Jerome Lange. Wir haben unglaublich viel Energie damals in koppla reingesteckt, um so ein bisschen bei der Entwicklung zu unterstützen und da kam dann der Kontakt zu Constantin her. Und dann haben wir gesagt: "Hey, Mensch, wow, das ist ja ziemlich cool, dieses Kamerasystem."
00:11:54: Dustin Kupke: Man hat plötzlich ein Live-Bild auf seiner Rohbaubaustelle. Man muss nicht permanent raus-/ reinlaufen. Solche Thematiken wie Soll-Ist-Vergleich, die werden automatisiert ausgeführt. Das war schon super, super faszinierend.
00:12:05: Sarah Gitschel: Vor allem auch weil, der Bauherr braucht eine Webcam, die er bezahlt und die spart er sich ja quasi damit auch. Auch in Sachen Überwachung der Baustelle und Diebstählen hat er damit echt Vorteile. Und ich glaube, das ist auch ein entscheidender Punkt, warum wir ihn überzeugen konnten.
00:12:21: Sandra: Heute haben wir auch die Chance, mit Constantin Kauffmann von oculai zu sprechen.
00:12:24: Sandra: Hallo Constantin.
00:12:25: Constantin Kauffmann: Hi, Grüß dich!
00:12:26: Sandra: Du bist CEO und Co-Founder von oculai. Kannst du uns erklären, was ist das Problem, das ihr mit eurer Software löst?
00:12:33: Constantin Kauffmann: Ja, also im Prinzip gibt es keinen Informationsrückfluss von der Baustelle zurück zur Bauleitung. Wenn die sich Informationen einholen wollen, zu Fortschritt und Prozessen, da müsste man halt auf der Baustelle stehen und das machen sie auch die ganze Zeit. Aber sobald sie halt im Container sind und das sind sie eben sehr viel, weil super viel administrative Aufgaben notwendig sind, ist es eigentlich ein Blindflug.
00:12:53: Constantin Kauffmann: Und wenn man auf der Baustelle steht, dann weiß man, was grade der Stand ist. Aber man weiß halt schlecht, wie es zu diesem aktuellen Stand gekommen ist. Also welche Prozesse mit wie viel Leuten die abgelaufen sind und diesen Informationsrückfluss stellen wir bereit. Automatisiert.
00:13:07: Sandra: Und wie macht ihr das mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz?
00:13:11: Constantin Kauffmann: Im Prinzip kann man sich vorstellen, wir schicken Kameras auf die Baustelle. Die werden am Kran montiert und die filmen sozusagen die Baustelle von oben. Und wir nutzen eben künstliche Intelligenz, die in der Lage ist, aus den Kamerabildern, aus den Kameraaufnahmen, Prozesse zu erkennen und auch den Fortschritt daraus abzuleiten.
00:13:30: Sandra: Und wie können sich unsere Hörer und Hörerinnen das vorstellen: Wenn sich eure Nutzer:innen anmelden in oculai, was genau sehen Sie? Welche verschiedenen Ansichten haben sie in eurer Software?
00:13:41: Constantin Kauffmann: Die sehen zuerst mal die ganzen Videostreams, also die Kameraaufnahmen aus der Vogelperspektive über ihre Baustelle und dann können sie sich zum Beispiel einen automatisierten Soll-Ist-Terminplan anschauen. Die laden ihren Terminplan hoch und dann wird in diesem gegebenen Terminplan automatisch der Ist-Fortschritt angezeigt. Die können auch automatisiert generierte Bautagesberichte einsehen. Die können Prozessdaten ansehen. Schauen, wie die Kolonne, wie die Gewerke getaktet sind, wie die Auslastung ist und solche Sachen.
00:14:09: Sandra: Einige Hörer:innen werden es vielleicht auch wissen: Um eine künstliche Intelligenz zu trainieren, braucht man ja so einen bestimmten Satz an Trainingsdaten. Für viele Projekte, da gibt es ja schon recht viel Open-Source im Internet zu finden. Ich kann mir vorstellen, dass es für die Baubranche schwieriger ist, so ein passendes Set an Trainingsdaten zu finden, weil ja auch viele Projekte gerade erst starten und Baustellen sind sehr komplexe Umgebung. Wie habt ihr es geschafft, dass eure künstliche Intelligenz automatisiert, autonom selbstständig arbeiten kann?
00:14:38: Constantin Kauffmann: Also es gibt tatsächlich keine öffentlich verfügbaren Trainingsdatensätze von Baustellen aus der Vogelperspektive oder aus der Kranperspektive. Es gibt Drohnen, es gibt ein paar Aufnahmen vom Boden aufgenommen. Die haben wir auch in unsere Datensätze mit reingemischt. Aber im Prinzip ist alles selbst erarbeitet und wir haben auch angefangen, einfach nur mit klassischen Webcams. Das waren so unsere ersten Projekte. Das waren einfach nur Kameras am Kran und wir haben händisch diese ganzen Daten gelabelt, also markiert, was jetzt zum Beispiel ein Betonmischer ist, eine Betonpumpe, eine Person usw und haben uns dann eben über die Projekte, über die Projektlaufzeit hinweg Datensätze selbst erarbeitet und gelabelt.
00:15:14: Sandra: Das kann man sich vielleicht auch so ein bisschen vorstellen: Ich glaube, einige kennen diese Bilder. Man hat Luftbilder und dann sind auf den Elementen, die über die Baustelle fahren, noch mal so kleine Rechtecke drum.
00:15:24: Constantin Kauffmann: Genau, man zieht mit der Maus im Prinzip, wenn ich eine Person labeln möchte, eine Box um diese Person rum mit Mausklicks. Und dann kannst du dir mal vorstellen, wie viele Leute auf der Baustelle sind. Und dann haben wir dann irgendwie... Pro Kran sagt man so 14, 15 Leute pro Bild und ein Video besteht aus wahnsinnig vielen Bildern. Das ist eine wahnsinnige Klickarbeit und davon habe ich ganz viel schon gemacht. Und mittlerweile mache ich das auch nicht mehr so viel.
00:15:46: Sandra: Ja, weil es hoffentlich auch die Software dann immer mehr übernommen hat.
00:15:49: Constantin Kauffmann: Genau, immer mehr übernommen. Man muss dazu sagen, 100 % automatisierte Prozesserkennung ist faktisch nicht möglich. Wir haben immer einen Anteil an manueller Arbeit mit dabei, um dann zu korrigieren und eben weiter zu trainieren.
00:16:00: Sandra: Und wie messt ihr den Mehrwert von eurer Technologie für die Nutzer:innen?
00:16:04: Constantin Kauffmann: Also was einfach zu quantifizieren ist, ist Zeitersparnis. Das erfragen wir. Was schwerer zu quantifizieren ist, ist der Effekt auf das Projekt an sich. Also dadurch, dass Bauleiterinnen, Bauleiter live noch mit dabei sein können, Vier-Augen-Prinzip - die haben einfach die Planung noch ein bisschen besser im Kopf - werden halt wahnsinnig viele, viele Fehler vermieden. Andererseits sind wir aber auch über die Daten in der Lage, wirklich Bauzeit zu verkürzen, indem wir die Taktung optimieren, versteckte Puffer identifizieren, die Auslastung der Kolonnen...
00:16:31: Constantin Kauffmann: Das kann man alles aus den Daten sehr gut ableiten. Und das andere ist der Dokumentationsaspekt. Gerade auf der Baustelle wird viel gestritten. Sind ja viele Parteien und da ist so ein Soll-Ist-Terminplan, so eine Fotodokumentation auch einfach Gold wert, wer sie hat, wenn es mal, weiß ich nicht, wenn es um Nachträge geht oder so. Und das ist halt ganz schwer zu quantifizieren.
00:16:48: Constantin Kauffmann: Aber das sind die größten Hebel, um Baukosten zu senken.
00:16:51: Sandra: Und führt ihr wahrscheinlich viele Gespräche mit den Personen, die die Software einsetzen, um rausfinden...
00:16:56: Constantin Kauffmann: Genau.
00:16:57: Sandra: ...inwieweit ihr Mehrwerte geschaffen habt.
00:17:00: Constantin Kauffmann: Auch manchmal ganz konkret. Also wir hatten letztens eine Auswertung, da haben wir gesehen, dass pro Stockwerk, der Takt um 3 bis 4 Tage gekürzt werden kann, wenn man dem Schaler eine Person mehr dazu stellt. Dann ist der Maurer besser ausgelastet und springt von Abschnitt zu Abschnitt. Und dann kann man auch mal hochrechnen, was kostet eine Baustelleneinrichtung im Monat. Sagen wir mal 100.000€. Und wenn wir pro Stockwerk drei vier Tage einsparen und dann hast du fünf Häuser mit je vier Stockwerken, dann bist du mal schnell bei einer sehr hohen Summe an Kosten, die du dir einsparen kannst, durch die bessere Taktung der Leute.
00:17:29: Sandra: Wie seid ihr denn auf die Idee für oculai gekommen? Überhaupt auf die Idee, diese künstliche Intelligenz einzusetzen in der Baubranche für die Dokumentation?
00:17:37: Constantin Kauffmann: Ich habe Maschinenbau studiert und habe mich dann forschungsseitig mit der Frage beschäftigt, wie man manuelle Arbeitsprozesse in der verarbeitenden Industrie tracken kann. Also, die hat das Problem: Alles ist ja mit Sensoren ausgestattet. Aber außerhalb der Produktionslinie - Werkzeugwechsel, Rüstprozesse, die werden alle nicht erfasst, machen aber ein erheblichen Anteil aus. Und dieses Problem wurde eben angegangen mit Kameras. Kameras in der Werkshalle. Und man konnte dann eben darüber die manuellen Tätigkeiten tracken.
00:18:05: Constantin: Und das hat halt sehr gut funktioniert und das ist so ein bisschen die Idee entstanden, das in der Baubranche einzusetzen. Also mein Bruder hatte da ein Projekt mit der Bauindustrie, aber jetzt kommt hier gerade LKW. Mein Cousin ist auch Bauleiter und dann über den Austausch ist ein bisschen die Idee gekommen, das für den Bau einzusetzen.
00:18:18: Sandra: Ich kann mir auch vorstellen, dass es recht ähnliche Problemen sind.
00:18:21: Constantin Kauffmann: Mit dem Unterschied, dass man im Bau überhaupt keine Informationen hat. In der verarbeitenden Industrie ist ja alles automatisiert, da hast du Sensoren. Das geht am Bau aber nicht. Das ist alles Handarbeit. Kompletter Blindflug.
00:18:28: Sandra: Gibt es denn auch Dinge, die oculai noch nicht aufnehmen kann? Also wo hat eure Software noch Grenzen in der Verarbeitung der Daten, die vor Ort anfallen?
00:18:38: Constantin Kauffmann: Wir fokussieren uns auf den Rohbau, systembedingt. Also die Kamera muss halt permanent laufen und Prozesse aufnehmen und hängt am Kran. Sobald die Decke drauf ist und irgendwas unter der Decke passiert, können wir das nicht mehr sehen. Im Rohbau findet der absolute Großteil der wertschöpfenden Tätigkeiten immer auf der obersten Decke statt. Also den Rohbau können wir sehr gut abdecken, aber innerhalb des Rohbaus zum Beispiel das Ausschalen einer Decke, das können wir nicht erfassen.
00:19:00: Constantin Kauffmann: Also wir können nicht alle Arbeitsstunden von einer kompletten Baustelle oder von keinem kompletten Rohbau automatisiert erfassen. Da haben wir so ein paar Prozesse, die wir nicht drauf haben. Zum Beispiel das Ausschalen von Decken.
00:19:09: Sandra: Gibt es da Pläne für die Zukunft? Wie ihr an die Daten rankommt, an die Bilder? Wollt ihr da Kameras in den Gebäuden selbst installieren oder ist das so ein bisschen out of scope?
00:19:18: Constantin Kauffmann: Das wäre ein bisschen Overkill, glaube ich, weil die müssten permanent laufen und das wäre gerade in Europa schwierig. Ich sag mal, es gibt schon so ein paar Pläne, die ich jetzt aber noch nicht kommunizieren kann.
00:19:27: Sandra: Okay, super, danke schön. Es war sehr spannend. Ich spreche jetzt noch mal mit Sarah und Dustin über den Einsatz von oculai auf der Baustelle. Habe mich sehr gefreut das Gespräch. Viel Erfolg weiterhin!
00:19:36: Constantin Kauffmann: Danke! Hat mich auch gefreut.
00:19:40: Sandra: Dustin und Sarah, wie sah denn eure Arbeit im Vergleich zu früher aus, als ihr dann mit oculai gearbeitet habt?
00:19:46: Sarah Gitschel: Also gerade bei den Bautagesberichten, das habe ich ja vorhin schon mal gesagt, war es früher einfach ein Excel und jetzt musste ich mich fast gar nicht mehr darum kümmern. Die Kamera erkennt ja automatisch, welche Prozesse, wann wie passieren und schreibt sie automatisch auf.
00:19:58: Sarah Gitschel: Ich schreibe quasi nur besondere Ereignisse auf, wie zum Beispiel, dass unser Kran mal wieder abgesoffen ist oder solche Geschichten, die halt passiert sind. Und auch die Kamera, die hatte ich eigentlich wirklich wie als Bildschirmschoner den ganzen Tag auf und wusste wirklich, dass mein Nachunternehmer draußen das gemacht hat, an dem Ort, wo ich ihm das morgens gesagt habe und konnte dann sehr, sehr viel mehr im Büro machen. Meine eigentlichen Arbeiten, Bewährungspläne prüfen, Schalung bestellen, Bewährung bestellen, Planung abstimmen. Und konnte das parallel machen, ohne immer einen Polier draußen haben zu müssen, der guckt und sagt: "Ja, ja, die machen wirklich das, was sie machen wollen."
00:20:33: Dustin Kupke: Für mich als Bürotäter war natürlich der Soll-Ist-Vergleich schon mal eine deutliche Erleichterung. Weil ich nicht irgendjemanden damit beauftragen muss, dann schnitzeljagdmäßig über das Baufeld zu rennen, die Leistungsstände zu notieren, weil es halt einfach vollautomatisiert ist. Aber ich hatte natürlich bei oculai auch noch ganz andere, sehr, sehr coole Gimmicks, die mir... Zum Beispiel gerade wenn man bei Bauherren Besprechungen seinen Leistungsstand oder seinen Arbeitstand mitteilt, dann konnte ich mir immer sehr, sehr schnell und einfach und unkompliziert in kleinen Videoabschnitten eine Art kleinen Zeitraffer zusammenbauen und auch einfach mal in so einer Besprechung mal kurz ein Video laufen lassen. Dann haben alle sehr, sehr deutlich gesehen, welche Unterschiede zum Beispiel zum letzten Termin vorlagen.
00:21:14: Sandra: Wie habt ihr denn den Baubeteiligten, die Nutzung der Kameras insbesondere erklärt, Dustin?
00:21:20: Dustin Kupke: Da die oculai-Kamerasysteme ausschließlich für den Rohbau aktuell zu gebrauchen sind, ist die Anzahl der Gewerke, mit denen wir diese Thematik durchsprechen mussten, sehr, sehr überschaubar. Das heißt, wir haben in der Regel jetzt zum Beispiel hier ganz klassisch den Rohbauer als Lohnleister gehabt, noch den Gerüstbauer und dann war's das dann mehr oder weniger. Ich sag mal ich habe eine Handvoll Firmen und wir haben denen natürlich auch gleich das Angebot gemacht:
00:21:45: Dustin Kupke: "Leute, ihr könnt gerne auf die Kamerasysteme auch mit zugreifen, gucken, was eure Leute da draußen machen." Das war natürlich für die auch noch mal eine ganz andere Art, in so ein Projekt Einblick zu bekommen. Einfach so mit der Vogelperspektive permanent über das Projekt zu schweben. Und das zeugt schon von Vertrauen an der Stelle.
00:22:03: Sarah Gitschel: Und auch meine Bewährer und Schaler usw, die haben auch damit gar kein Problem gehabt. Die wussten dass nur ich erkenne, wer da draußen was ist. Weil man erkennt es schon, wenn man die Leute gut kennt: "Ja, das ist der mit der gelben Jacke usw." Aber die haben mir da auch vollkommen vertraut und ich hab's quasi auch nicht gegen die verwendet oder so. Und deswegen, die waren da total fein damit und fanden es eher lustig und waren manchmal so "Hi!" und haben in die Kamera gewinkt und wussten ja, dass ich das irgendwie sehe.
00:22:28: Sandra: Ja. Sarah, sind bei der Nutzung der Software auch mal Probleme aufgetreten? Also hast du dir zum Beispiel gewünscht, dass du was gesehen hättest, was du nicht sehen konntest oder manchmal, man kennt das ja von Online-Software auch, war vielleicht der Dienst nicht verfügbar oder solche Themen?
00:22:41: Sarah Gitschel: Also tatsächlich eigentlich nicht. Mit der oculai-Kamera hatten wir eigentlich fast immer ein gutes Bild. An sich keine Störung, ohne dass ich jetzt dafür gekauft wurde.
00:22:51: Sandra: Genau, apropos "kaufen": Wie seht ihr denn das Thema "Kosten-Nutzen". Vielleicht auch so generell im Einsatz von digitalen Tools, die euch so den Arbeitsalltag erleichtern. Weil das hören wir oft bei unserer tagtäglichen Arbeit, dass man schon skeptisch ist mit der Einführung dieser Systeme. Vielleicht oft auch gar nicht nur wegen den Kosten, sondern auch wegen dem hohen Aufwand, das in so einem Bauprozess noch mit einzuschleusen. Hat sich das für euch gelohnt?
00:23:16: Sarah Gitschel: Vielleicht kann ich dazu was sagen: Und zwar, ich glaube, ganz, wichtig ist zu erkennen, dass die Software nicht die Welt retten kann. Man muss vorher einen wichtigen Schritt machen, und zwar seine Prozesse kennen, wissen, wie sie ablaufen und dann kann man sie optimieren. Aber wenn vorher der Prozess nicht klar ist, dann kann es mit keiner Software funktionieren.
00:23:33: Sarah Gitschel: Also sei es jetzt koppla oder sei es oculai. Bei der Kamera, hat man weniger, sage ich mal, Input, den man bringen muss, als wie in koppla. Das heißt, es ist ein bisschen einfacher, das zu gestalten und man hat ein bisschen mehr Output. Aber man kann ganz, ganz klar sagen: Wenn die Prozesse in der Firma nicht stimmen, dann kann Software nichts ändern.
00:23:49: Dustin Kupke: Ich kann zumindest so viel sagen: Und zwar, dadurch, dass der Wert einer Software in den meisten Fällen schwer zu identifizieren ist - also der monetäre Wert einer Software - ist es auch sehr, sehr schwierig, gewisse Menschengruppen, gerade das ältere oder höhere Semester, dafür zu begeistern. Man muss natürlich so ein bisschen auch mal versuchen, deren Perspektive einzunehmen. Die bauen schon seit vielen, vielen Jahre auf dieselbe Weise ohne große Veränderungen.
00:24:15: Dustin Kupke: Dann kommen jetzt im Prinzip einfach, sage ich mal, mit dem Zeitgeist, mit der richtigen Zeit, plötzlich so viele neue System und Tools. Die sind in einer ganz anderen Computerform aufgewachsen. Wir haben das schon alles spielerisch in die Wiege schon fast gelegt bekommen. Diese Generation, die mussten sich tatsächlich damals mit den ersten Systemen, sag ich mal, Windows 95 und noch früher auseinandersetzen.
00:24:35: Dustin Kupke: Das war natürlich alles andere als die Sachen heute sind nutzerfreundlich und dadurch ist natürlich eine gewisse Abwehrhaltung zutage gekommen, die uns und in der heutigen Zeit, ich will nicht sagen, blockiert, aber mit den richtigen Fragestellungen uns neue Generationen sensibilisiert. Es ist es immer schön, was Neues einzusetzen. Aber man muss natürlich auch immer den Nutzen in Betracht ziehen und ganz genau schauen, welche Auswirkungen solche Systeme haben.
00:24:59: Sandra: Mit diesen Infos im Hinterkopf würdet ihr die Nutzung von Software wie oculai, also vielleicht auch anderen Baudokumentationstools, würdet ihr das anderen Bauleiter:innen, Projektmanager:innen empfehlen und nutzt ihr das auch für eure weiteren Projekte in der Zukunft?
00:25:13: Sarah Gitschel: Also ich würde sagen definitiv. Ich glaube, das kann man ganz gut mit anderen Branchen vergleichen. Früher ist man wirklich auch ins Autohaus gegangen, hat das Auto vor Ort mit einer Person konfiguriert und der stand vorm PC und jetzt kann man das online machen.
00:25:25: Sarah Gitschel: Man kann sich online sein Auto zusammenstellen, online alles selber kaufen und beim Banking genauso. Früher die Überweisung per Papier, heutzutage geht alles über Onlinebanking. Man muss nicht vor Ort sein, das funktioniert alles. Und ich glaube, diese Schritte müssen in der Bauwelt auch weiter getragen werden. Und ich glaube, da sollten wir die richtigen Schritte machen und das Ganze weiter nutzen.
00:25:43: Sarah Gitschel: Und ich glaube genauso Software wie oculai, Buildots, koppla - das sind alles Software-Methoden, die man gut nutzen kann. Wenn sie sinnvoll eingesetzt sind, muss man auch dazu sagen. Also man kann nicht einfach alle Softwarelösung nutzen, dann macht es auf jeden Fall Sinn. Aber ich möchte ehrlich gesagt nicht mehr auf einer Baustelle arbeiten, wo ich einen Mangel noch händisch in der Excel-Tabelle mit einem Foto von der, am besten noch, Digitalkamera, mache, abspeichern muss.
00:26:06: Sarah Gitschel: So möchte ich nicht mehr arbeiten. Und in so ein Unternehmen würde ich auch ehrlich gesagt nicht mehr wechseln.
00:26:06: Sandra: Um euch unsere Leitfrage für den Podcast zum Schluss noch mal zu stellen: Wie seht ihr das denn? Ist künstliche Intelligenz eurer Meinung nach die smarte Protokollführerin auf der Baustelle in der Zukunft?
00:26:10: Dustin Kupke: Wenn man mich fragen würde, welche Einflüsse die künstliche Intelligenz in naher Zukunft nehmen wird, dann wird der Einschnitt unglaublich tief sein. Es ist jetzt ein bisschen provokant, aber ich glaube, unser Tätigkeitsfeld, nicht nur in der Baubranche, sondern global, wird sich durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz gravierend verändern. Wirklich gravierend. Also ich würde behaupten, wir beschäftigen im Prinzip gerade 50 Ingenieure hier auf diesem Projekt.
00:26:46: Dustin Kupke: Und ich glaube, wenn die Technologie so weit ist, dann braucht man von der Anzahl her nur noch ein Bruchteil an Menschen. Wir erleben es ja gerade schon selber: Diese generativen KIs sind ja schon unglaublich produktive Unterstützer. Ich habe neulich gelesen, der Copilot für die Manager. So wird da gerade getitelt. Und der wird die Arbeiten revolutionieren. Sei es mit Massenprüfungen, der Rechnungsprüfung, mit Systemen dahinter, die er abgleichen kann. Die würden im Bruchteil von Sekunden funktionieren.
00:27:14: Dustin Kupke: Ein Bauleiter braucht dafür Stunden und das ist, glaube ich, auch eine ganz, ganz große Chance - gerade in der Baubranche, die relativ Lohnkostenstark ist, zumindest was jetzt die Bauleitung angeht - auch auf dieser Ebene die Kosten weiter zu reduzieren, um wirklich auch das Thema "bezahlbaren Wohnraum" zu schaffen.
00:27:31: Sarah Gitschel: Ich sehe das tatsächlich sehr ähnlich, will aber auch sagen, dass es nicht bedeutet, dass jetzt der Ingenieur ausstirbt. Eigentlich ist es momentan tatsächlich so, dass der Ingenieur immer weniger auf dem Markt verfügbar ist, aber man braucht ihn trotzdem. Ich glaube, jeder, der schon mal bei ChatGPT versucht hat, eine Bewerbung zu schreiben und sagt: "Hier ChatGPT, schreib mir ein Anschreiben für Stelle XY", wird gemerkt haben, man kann nicht einfach Copy-Pasten und das einfach so nutzen, sondern man muss noch seinen eigenen Gehirnschmalz mit reinbringen und das ganze so anpassen, dass es passt.
00:27:59: Sarah Gitschel: Deswegen ist das eine gute Unterstützung, aber es lässt nicht den Ingenieur aussterben. Man braucht trotzdem noch Fachkräfte so wie Dustin und ich das sind. Und auch so Leute wie halt den Constantin, die halt das Ganze unterstützen und weiterentwickeln, weil anders funktioniert es nicht.
00:28:15: Sandra: Ja, super, danke schön. Das waren sehr interessante Einblicke. Wir freuen uns sehr, dass wir heute mit euch sprechen konnten und wünschen euch noch ganz viel Erfolg bei der zukünftigen Arbeit.
00:28:22: Sarah Gitschel: Danke für die Einladung.
00:28:26: Sandra: Und Wulf, was glaubst du denn, ist KI der goldene Gral in der Baudokumentation?
00:28:32: Wulf: Ich glaube, dass es definitiv eine spannende Entwicklung für die Baudokumentation ist. Ich würde nicht ganz so weit gehen wie unsere Gäste zum Teil jetzt in ihrem Fazit, dass KI in den nächsten Jahren schon praktisch die Baustelle auf links krempeln wird. Denn das große Thema für KI sind immer Daten, Daten, Daten und insbesondere die Datenerfassung ist auf der Baustelle gar nicht so einfach.
00:28:53: Wulf: Das Thema, was wir jetzt hier hatten, war ja "KI in der Rohbauüberwachung" Und die Kameras, die das gemacht haben... Also es ist ja eine bildauswertende KI gewesen. Die Kameras, die das gemacht haben, hingen ja am Kran. Das ist natürlich logisch. Da kann man wieder mit dem wachsenden Rohbau sozusagen seine Datenerfassung machen. Aber sobald wir in den Innenausbau gehen beispielsweise, geht das nicht mehr.
00:29:11: Wulf: Da gibt es auch Lösungen, zum Beispiel so mit Kameras auf Helmen. Aber da hängt es natürlich ganz stark davon ab, dass auch jemand durchläuft. Das heißt, dass ich meine Datenerfassung regelmäßig mache. Und dementsprechend glaube ich, dass wir einfach prozessual noch Herausforderungen haben, bevor eine KI wirklich solche Aufgaben vollständig übernehmen kann. Aber sie sind und werden immer mehr definitiv eine Unterstützung und das ist eigentlich super positiv. Weil damit werden Kräfte freigesetzt, Fachkräfte freigesetzt, Zeiten bei Fachkräften freigesetzt, die heute vielleicht schreibend im Büro sitzen und Protokolle schreiben und die dann wieder raus können auf die Baustelle und ihre eigentlichen Tätigkeiten nachgehen.
00:29:45: Wulf: Zum Beispiel Qualitätssicherung oder mit den Menschen sprechen auf der Baustelle, um dort vor Ort zu koordinieren.
00:29:50: Sandra: Ja, da gebe ich dir Recht. Ich gehe auch davon aus, dass KI, vor allem wenn es um Fachkräftemangel geht, einfach eine große Notwendigkeit in der Zukunft sein wird und sie nicht zu nutzen eine ganz vertane Chance wäre. Ja, dann bleibt mir nur noch zu sagen: Vielen Dank an unsere Zuhörer, dass ihr mit dabei wart und möchte mich bei all unseren Kollegen und Kolleginnen bedanken, die bei der Produktion der Folge geholfen haben!
00:30:13: Sandra: Wenn ihr weitere Folgen von uns hören wollt, dann abonniert uns doch auf den Podcast-Plattform, die ihr nutzt, damit ihr keine in der Zukunft verpasst. Und wir freuen uns auch immer sehr über Feedback von euch oder Tipps für kommende Folgen. Das bitte per Email an podcast@z-lab.com. Ich bedanke mich ganz herzlich auch bei Dir, Wulf, für die spannende Folge und sage an alle: Bis bald, zum nächsten Mal!
00:30:36: Wulf: Danke auch von meiner Seite. Bis bald.
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